Die SPD und die Währungskrise:Die gekränkten Zauderer

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Zu Recht fühlt sich die SPD von Schwarz-Gelb düpiert. Nun macht sie aus der Abstimmung über die Milliardenkredite eine Vertrauensfrage gegen Merkel. Das ist ein Fehler.

Susanne Höll

Seit acht Monaten ist die SPD in der Opposition und sie wächst verblüffend schnell und geräuschlos in diese Rolle hinein. Die neue Führung in Partei und Fraktion erlag nicht der Versuchung der Obstruktion. In zentralen nationalen Fragen, aber auch bei ureigenen Themen, etwa der Arbeitsmarktpolitik bot sie der Regierung Zusammenarbeit an. Sie trug die Neuausrichtung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr mit, mehr noch, sie sorgte maßgeblich dafür, dass ein Ende dieser Mission zumindest in Sicht ist.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier: Noch ist es möglich, dass die Sozialdemokraten am Freitag für das Milliarden-Kreditprogramm stimmen. (Foto: Foto: ddp)

Zugleich schonte sie die Bundesregierung nicht, wenngleich diese Kritik im Getöse der internen Auseinandersetzungen zwischen Schwarzen und Gelben lange Zeit kaum zu vernehmen war.

Die kalkulierte Balance zwischen staatstragender Kooperation und harter Konfrontation tat der SPD gut. Inmitten der Euro-Krise, die die Sicherheit Deutschlands und Europas bedroht, verlässt sie nun diesen Kurs und verliert sich in merkwürdiger Taktik. Zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen haben die Sozialdemokraten beschlossen, einem Milliarden-Kreditprogramm zur Stützung der europäischen Währungen und konkursbedrohter EU-Staaten die Zustimmung zu versagen. Mag sein, dass sie sich noch für eine Zustimmung an diesem Freitag im Bundestag entschließen, wenn die schwarz-gelbe Koalition in letzter Minute weitere Zugeständnisse macht.

Letzteres gilt aber als unwahrscheinlich, was dazu führen wird, dass die erklärte Europa-Partei SPD zum Entsetzen ihrer eigenen Außenpolitiker und aller internationalen Schwesterparteien nach dem Griechenland-Kredit auch dem Euro-Schirm die Stimme verweigert; einem Gesetz wohlgemerkt, das sie für richtig und geboten hält. Zwischenzeitlich hatten die Sozialdemokraten sogar erwogen, am Freitag mit Nein zu stimmen. Allein die Angst vor einer europäischen Blamage und dem Verlust des politischen Ansehens hielten sie davon ab; die Fraktion wird sich, mehrheitlich jedenfalls, wieder der Stimme enthalten und muss sich abermals den Vorwurf der politischen Feigheit gefallen lassen.

Erklären lässt sich dieses Verhalten allein aus innenpolitischen Gründen. Die Sozialdemokraten fühlen sich, völlig zu Recht übrigens, von der Bundeskanzlerin und den schwarz-gelben Irrungen und Wirrungen im Umgang mit der Währungskrise düpiert. Angela Merkel wünschte sich die Zustimmung der Opposition, war aber aus Rücksicht auf die FDP und den Koalitionsfrieden nicht bereit, die harmlose Forderung nach einer gemeinsamen Resolution zu erfüllen. Solcherart erbost und gekränkt, begeht die SPD einen Fehler.

Sie stilisiert die Abstimmung über die Milliardenkredite zu einer Vertrauensfrage über die schwarz-gelbe Bundesregierung. An diesem Freitag aber steht nicht der Bestand der Regierung Merkel auf der Tagesordnung. Es geht, wie Steinmeier und Gabriel nur zu genau wissen, um eine beispiellose Rettungsaktion für den Fortbestand der Europäischen Union. Und die SPD würde sich und ihrer Selbstachtung keinerlei Schaden zufügen, wenn sie mit Ja stimmte.

Dann könnte sie umso lauter wirksame und strikte Regelungen für die rasenden Finanzmärkte fordern, müsste sich nicht des Vorwurfs erwehren, sie sei eine rückgratlose Partei, die sich vor Entscheidungen fürchte. Die Zeit für eine Abrechnung mit der Koalition wird alsbald kommen.

Sobald die Sparvorschläge der Bundesregierung konkret werden, darf man mit großer Empörung im ganzen Land rechnen. Spätestens im Sommer wird sich allen in Bund und Ländern regierenden Parteien die Frage stellen, wie die Löcher in den öffentlichen Haushalten gefüllt werden können. Dann dürfte die sozialdemokratische Idee einer Abgabe auf Finanztransaktionen noch mehr an Zustimmung gewinnen als bisher, jedenfalls dann, wenn die Alternative eine Erhöhung der Einkommen- oder der Mehrwertsteuer ist.

© SZ vom 21.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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