Die Rütli-Schule in Berlin-Neukölln:Allein im Sog der Gewalt

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Der Tag nach dem Hilferuf der Lehrer - wie die Hauptschüler auf die öffentliche Aufregung reagieren und was den Stadtteil zum Brennpunkt macht.

Constanze von Bullion und Annette Ramelsberger

Wer verstehen will, wie eine Welle entsteht, die sich ganz schnell zu so etwas wie einem Tsunami auftürmt, der kann die Rütli-Straße in Berlin-Neukölln besuchen. Hier ist an gewöhnlichen Tagen nicht viel los, die Straße ist kurz und mit bunten Skulpturen stillgelegt.

Der Eingang der Neuköllner Hauptschule. (Foto: Foto: AP)

Es gibt ein paar Schrebergärten hier und einen neuen Jugendclub. Und dieses frisch gestrichene Schulhaus aus Kaisers Zeiten, aus dem am Freitagmorgen eine wütende Flut herausbricht.

Jugendliche kommen über den Pausenhof gerannt, drängen von innen gegen ein Gittertor, das den Garten der Rütli-Schule von der Straße trennt. "Massaker!, Terror!", brüllt einer und lacht. "Wir gehen jetzt die Lehrer verprügeln." Einige Jungs drehen jetzt lautstark auf und recken Stinkefinger in die Luft, Mädchen lugen vorsichtig unter ihren Kopftüchern auf die Meute, die seit dem Morgen vor dem Schultor lauert.

Journalisten und Rudel von Fotografen stehen da mit Kameras im Anschlag, und jetzt endlich kriegen sie das Bild, auf das sie so lange gewartet haben. Schüler mit schwarzem Schopf, die brüllen und toben und einander herumschubsen. Dunkelhäutige Kindergesichter hinter einem Gitter, eingesperrt in eine unzugängliche Welt. "Ihr seid die Affen, nicht wir", ruft einer.

Auftritte der Prominenz

Ein Knirps wirft eine leere Plastikflasche, ein anderer schmeißt einer erwachsenen Frau, die vor dem Zaun steht, ein arabisches Schimpfwort an den Kopf. "Hurentochter", hat er gesagt. Da spuckt sie ihm ins Gesicht. Willkommen an der Rütli-Schule.

Berlin-Neukölln am Tag zwei nach der ersten Welle, das ist eine Szenerie, die für einen Film über den Horror der Berliner Hauptschule taugen würde. Nur dass sich diese aufwühlten Szenen wohl nie abgespielt hätten, wären nicht so viele Reporter hier und würde nicht das halbe Land auf eine Schule schauen, die jetzt, nach einem dramatischen Brief und Hilferuf des Kollegiums, gegen ihren Ruf als "Terrorschule" kämpft.

In manchen Medien war von Waffen und Messerstechereien die Rede, von Gewaltexzessen und verschreckten Lehrern, die sich vor den Schülern fürchten. Die Wirklichkeit an der Rütli-Schule in Berlin ist nicht ganz so spektakulär, und wenn man so will, dann hat sich da eine kleine, aber steile Welle zu einem wahren Brecher ausgewachsen. Was die kommissarische Schulleiterin nämlich in einem Brief dem Berliner Schulsenator beschrieben hat, das war kein Mord-und-Totschlag-Szenario.

Für die freie Konrektorenstelle bewirbt sich seit Jahren keiner mehr

Sondern ein Schulalltag, in dem junge Leute den Respekt vor ihren Lehrern verloren haben, sie beschimpfen, sie auslachen, ihre Anweisungen überhören. Auf den Fluren gehe das Mobiliar zu Bruch, hieß es, in den Klassen rivalisierten die Banden. Araber gegen Türken, Ausländer gegen Deutsche, alle gegen die Welt da draußen, die einem sowieso nichts zu bieten hat.

Das ungefähr ist die Stimmung an der Rütli-Schule, jedenfalls haben die ratlosen Lehrer sie so wahrgenommen. Und weil immer mehr Kollegen sich inzwischen krank schreiben lassen, weil die Direktorin vorzeitig in den Ruhestand geht und sich auf die freie Konrektorenstelle schon seit Jahren keiner mehr bewirbt, haben sie diesen Brief geschrieben.

Und nicht geahnt, dass ihre Wut über die Zustände sich so schnell ausbreiten würde und nun mit Getöse in ihr Schulhaus zurückschwappt.

Seit Donnerstag wird die Schule von der Presse belagert, jede Stunde kommt ein gewichtiger Gast, der helfen will, und jeder, der herauskommt, bemüht sich die Wogen ein bisschen zu glätten. Von Waffen ist jetzt nicht mehr die Rede, und auch die Polizeistreife, die vor dem Schulhaus aufgefahren ist, wird nach wenigen Stunden abgezogen.

"Es stellt sich nicht so dar, dass es hier permanente Gewaltkonflikte gibt", sagt Berlins Bildungssenator Klaus Böger nach seiner Stippvisite im Haus. Einen neuen Rektor für die Rütli-Schule hat er jetzt aus dem Hut gezaubert, zwei Sozialarbeiter mit türkischem und arabischem Hintergrund sollen kommen, dazu zwei Psychologen, zum gegenseitigen Kennenlernen sozusagen. Die Schule sei "auf dem Weg", versichert er. Und verschwindet.

Nach Böger reist die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung an. Maria Böhmer ist eine freundliche kleine Dame, die sich durch die Schulflure und zu ein paar Jugendlichen führen lässt, vorbei an meterhohen Wandgemälden, auf denen Schüler ihre Malkünste ausgetobt haben.

"Der hat kein' Bock auf Schule"

Wilde Fabelwesen sieht man da und eine Frau, deren Haare brennen, ein vergammeltes Schulgebäude jedenfalls ist das hier nicht, und als die Beauftragte das Haus wieder verlässt, da muss sie etwas ratlos feststellen, dass die Probleme dieser Schule "viel tiefer" liegen als man so denkt.

Bilal ist 16Jahre alt und seine Eltern stammen aus Palästina. Mohsin ist 14, auch seine Familie kommt ursprünglich aus den Palästinenser-Gebieten und ist über den Libanon nach Berlin-Neukölln ausgewandert. Bilal und Mohsin gehen auf die Rütli-Schule, theoretisch jedenfalls, denn jetzt laufen sie Arm in Arm über die Straße und versuchen irgendwie ins Fernsehen zu kommen.

"Der hat kein' Bock auf Schule", sagt Bilal über Mohsin. Er selbst müsste jetzt eigentlich auch beim Praktikum sein, im Supermarkt Regale einräumen. Aber er hat sich freigenommen, "weil mein Körper wehtut". Rücken, Nacken, alles im Eimer, seit dem Akrobatiktraining.

Total übertrieben finden Bilal und Mohsin die Berichterstattung über ihre Schule. Hier geht es doch ganz normal zu, finden sie, jedenfalls nicht anders als sonst in dieser Gegend.

"Manche Lehrer haben schon Angst"

"Wenn es Stress gibt, dann hauen die sich die Fresse ein", sagt Bilal. Alle paar Wochen gibt es schon mal eine Prügelei auf dem Hof, erzählt er, aber nicht täglich. "Und wenn Jungs aus anderen Schulen mal vorbeischauen und uns schief anschauen", dann regeln wir das eben mit den Fäusten", sagt ein anderer.

Und die Lehrer, was sagen die dazu? Die versuchen herauszufinden, wer schuld ist. Und weil sie damit meistens nicht weit kommen, passiert in der Regel nicht sonderlich viel. "Manche Lehrer haben schon Angst", sagt Mohsin und lacht. Wenn ein Schüler aus der Klasse geschickt wird, weil er stört, dann steht er oft gar nicht erst von seinem Stuhl auf. Stattdessen verschwindet dann oft der Lehrer. Und neulich kam eine Lehrerin heulend zurück, nachdem sie auf dem Gang für Ruhe sorgen wollte.

Fragt man Bilal und Mohsin, woran es eigentlich liegt, dass sie hier so wenig nützlich Dinge zu lernen scheinen, dann reden sie davon, dass es "zu viele Ausländer" gibt an der Schule. "Hier werden die Deutschen ausgemustert, damit sie eine bessere Bildung bekommen." Hauptschule, das ist für sie so ein Ort, an dem die bleiben müssen, die übrig sind.

Das Schultor geht auf, Scharen von Schülern kommen heraus, und als sie die vielen Kameras sehen, fangen sie an zu johlen und zu schreien und versuchen gefährlich auszusehen. Bilal packt seinen Freund Mohsin bei der Schulter, andere Jungs kommen dazu und haken sich ein.

Dann stampfen sie los in einer langen Kette und treten und tanzen einen "Dabka", einen palästinensischen Männerreigen, bei dem es ziemlich laut und wütend zugeht. Natürlich bildet sich gleich ein Kreis um das Spektakel, erst aus Presseleuten und dann aus Rütli-Schülern. Verschleierte Mädchen klatschen im Takt und türkische Jungs feuern sie an. Der Kreis ist jetzt geschlossen, hier kommt keiner mehr durch.

Jetzt sind sie wieder ganz unter sich.

Es ist 14 Uhr, helllichter Mittag in Neukölln.Im zweiten Stock des Hauses Boddinstraße 34 sitzt Schulstadtrat Wolfgang Schimmang und erzählt, was im Bezirk noch alles passieren wird, wenn nicht sofort gehandelt wird. Von den 850 Schulen liegen 150 Schulen in so genannten sozialen Brennpunkten. Das hier ist einer.

Die Grundschulen haben hier einen Ausländeranteil von 78,2 Prozent

Er lässt jetzt schon die Erstklässler von der Polizei abholen, wenn alles Bitten an die Eltern nichts hilft, ihr Kind regelmäßig morgens zur Schule zu schicken. Wenn sie nicht freiwillig kommen, stehen jetzt morgens zwei Polizisten bei ihnen vor der Tür. "Wenn Mutti nichts macht, müssen wir machen", sagt Schimmang.

Der Mann ist erregt. Jahrelang hat er Papiere geschrieben, hat für kleinere Klassen gekämpft, hat Zahlen genannt: Die Grundschulen haben hier einen Ausländeranteil von 78,2 Prozent - im Durchschnitt. Der Spitzenreiter ist die Boddin-Schule mit 91,7 Prozent. Bei den Hauptschulen haben sie einen Durchschnitt von 77,9 Prozent Ausländern, der Spitzenreiter ist die Rütli-Schule mit 81,4 Prozent. "Das breitet sich aus", sagt Schimmang. "Das ist die Zukunft."

Unten auf der Straße ist die Zukunft bereits in vollem Gang. Drei türkischen Damen ziehen ihre Kostümjacken fester und weichen in den Hauseingang zurück. Gerade wollten sie für eine Zigarettenpause nach draußen. Doch jetzt sind sie auf dem Sprung, zurück ins sichere Haus. "Vorsicht", wispert eine einer deutschen Frau zu. "Es könnte gefährlich sein." Dann schielen sie ganz vorsichtig um die Ecke.

"Lasst uns abhauen, bevor die Polizei kommt"

Schreie hört man von der Straße, sehr laute Schreie. Fünf, sechs junge Kerle rennen auf die Türkinnen zu. Sie jagen einen Jungen mit einem weißen Baseball-Cap. Er hechtet zwischen den parkenden Autos durch, drückt sein Handy ans Ohr, rennt. Direkt vor einer Frau mit Kinderwagen kriegen sie ihn und zerren den Jungen auf den Gehsteig, sie reißen an seiner Jacke, schreien. Die junge blonde Frau mit dem Kinderwagen macht eine Vollbremsung.

Dann schiebt sie ihn schnell an dem keifenden Männerrudel vorbei. "Mann, die hamse nich mehr alle, kloppen sich hier mitten auf der Straße", sagt sie zu den drei Türkinnen im Hauseingang. Die nehmen noch einen letzten Zug von der Zigarette, dann gehen sie schnell wieder rein.

Die Jungs haben die ganze Straße in Aufruhr versetzt. Zwei kleine Mädchen halten sich an ihren Müttern fest. Zwei vielleicht zehnjährige Jungs nehmen ihre Fußbälle und rennen hinter den Großen her - mit leuchtenden Augen. Dann biegt die Gruppe auf einen Kinderspielplatz ein. "Lasst uns abhauen, bevor die Polizei kommt", ruft einer.

Ein paar Straßen weiter, auf dem Spielplatz am Reuterplatz, steht Henryk Cwiklinski. Er ist die Spielplatzaufsicht, die sich der Bezirk nun leistet. Cwiklinski spricht auch mit den Jungs, die den Spielplatz an der Rütli-Schule mit Beschlag belegt haben. Hat ihnen abgehandelt, dass dort keine Joints geraucht werden, dass dort keine Spritzen liegen. "Und sie dürfen die kleineren Kinder nicht anmachen", sagt er.

Es ist eine Art Stillhalteabkommen, das der freundliche Herr Cwiklinski und die Jungs von Neukölln geschlossen haben. "Und die halten sich dran?", fragt skeptisch Karola Richter. Die junge Erzieherin führt gerade ihre Kita-Gruppe auf den Spielplatz. Es ist ein schöner Platz, eingezäunt, damit die Hunde nicht in den Sandhaufen laufen, mit Büschen und gut gepflegten Schaukeln und Klettergerüsten.

Kurz bevor die Kinder in Berlin eingeschult werden, beginnt der große Treck

"Der schönste Platz in Neukölln ist der Spielplatz", sagt die fünfjährige Ceyda. Die kleine Türkin steht da in ihrem rosafarbenen Mäntelchen, winkt schüchtern und sieht ein wenig traurig aus.

In den letzten Wochen sind vier ihrer Freunde und Freundinnen aus der Kita von Neukölln weggezogen. Sie haben den Kiez verlassen, und das aus gutem Grund. Denn kurz bevor die Kinder in Berlin eingeschult werden, beginnt jedes Jahr der große Treck. Eltern, die sich um die Chancen ihrer Kinder sorgen, ziehen weg aus den sozialen Brennpunkten - sie gehen nach Charlottenburg, Wilmersdorf, Schöneberg.

Weil in den Klassen dort noch zur Hälfte Deutsche sitzen und vor allem die Kinder derjenigen Ausländer, denen Bildung wichtig ist. Es sind gerade diejenigen ausländischen Familien, die eine Stütze für die Gesellschaft im Kiez sein könnten, die gehen. "Die sehen alle zu, dass sie hier rechtzeitig wegkommen", sagt Erzieherin Richter.

"Früher muss es schön gewesen sein hier", sagt Henrik Cwiklinski. Aber jetzt hätten die Jungen einfach keinen Respekt mehr. Wenn er mit den Jungs auf dem Spielplatz diskutiere, müsse er höllisch aufpassen, dann ballt er schon mal die Hände in den Taschen.

Ärger in der Sonnenallee

"Wenn die anfangen zu diskutieren, dann rutscht das ganz schnell in die Beleidigung ab. Und dann kommt plötzlich: ,Fick Deine Mutter' - und das von so einem Stöpsel." Cwiklinksi hällt die Hand auf Hüfthöhe.

Karola Richter geht mit den Fünfjährigen aus der Gruppe schon seit ein paar Monaten nicht mehr auf den Spielplatz bei der Rütli-Schule, sie hat einfach keine Lust mehr, sich anmachen zu lassen. "Irgendwann resignierst du", sagt sie. Sie geht jetzt immer häufiger mit den Kindern nach Treptow, in den ehemaligen Osten. "Da ist eine schöne Multikulti-Mischung", sagt sie. "Alternative und Bürgerliche. Da ist es nicht so aggressiv."

In der Boddinstraße sitzt Stadtschulrat Schimmang und wühlt in seinen Papieren. Neukölln-Nord - das ist der Brennpunkt. 150000 Menschen leben hier, 40 Prozent davon sind arbeitslos, 40Prozent leben unter der Armutsgrenze. Jetzt hat sogar Hertie zugemacht, weil die Kaufkraft fehlt.

Mehr als 60 Prozent der Fünfjährigen fallen durch den Sprachtest

Die beiden Magistralen durch den Bezirk sind fest in ausländischen Hand: Die Sonnenallee gehört den Arabern, die Karl-Marx-Allee den Türken. Deutsch ist wenig zu hören. Und so kommt es, dass mehr als 60 Prozent der Fünfjährigen in Neukölln-Nord durch den Sprachtest fallen, der nun in Berlin vorgeschrieben ist, bevor ein Kind in die Schule gehen kann.

Schulstadtrat Schimmang sagt: "Ich trage hier die Mitschuld daran für das, was geschehen ist." Der Mann hat es kommen sehen, seit 1970 war er Lehrer im Kiez, dann Schulrat, dann Schulstadtrat, dann sogar Leiter des Landesschulamtes Berlin. Vor 30 Jahren schon hat es begonnen. Da war es schon eine politische Tat, seine zwei Kinder auf Schulen in Neukölln-Nord zu schicken.

Er sagt erstaunliche Sätze: "Ich habe meine Kinder integrationspolitisch geopfert. Ich wollte mir nicht den Vorwurf gefallen lassen, meine Kinder in der heilen Welt im Süden in die Schule zu geben." Er, der Sozialdemokrat, wusste, was er zu tun hatte. Damals war der Anteil der ausländischen Schüler erst bei 30 Prozent.

Schimmangs Kinder sind jetzt 34 und 28 Jahre alt. Und sollte er je Enkel bekommen, sie kämen nicht unbesehen auf eine Schule in Neukölln. "So wie die Schulen jetzt sind - schlichtweg nein. Auf die Dürer-Schule vielleicht, aber im Blindflug auf eine Schule - das würde ich nicht machen." So spricht der Schulstadtrat von Neukölln.

Nicht, dass nichts Gutes geschehe im Kiez. Es gibt Sprachkurse für die Mütter von Grundschulkindern, die Deutsch lernen, während ihre Sprösslinge im Klassenzimmer sitzen. Es gibt ein Quartiersmanagement im Kiez, das Geschäftsleute herlockt und die Nachbarn zusammenführt. Es gibt Sozialarbeiter, die an Brennpunktschulen gehen. Es gibt jetzt sogar eine Elterninitiative, die Erwachsene dazu bringen will, einzugreifen, wenn sich Jugendliche prügeln.

Ein Lehrer kostet 50.000 Euro im Jahr

"Das ist nicht selbstverständlich", berichtet Ilse Wolter, die seit drei Jahren das Quartier rund um die Rütli-Schule managt, das heißt: sich kümmert, dass die Nachbarn eine echte Nachbarschaft pflegen. Jetzt haben sich Eltern dazu verabredet, jeden Sonntag Nachmittag auf einen Spielplatz an der Karl-Marx-Allee zu gehen und einfach da zu sein, sich zu behaupten gegen Jugendliche, die ihre Kinder verdrängen wollen. "Es geht darum, Grenzen zu setzen und zwar schon früh."

Schulstadtrat Schimmang schreibt jetzt wieder Papiere, und der SPD-Parteitag hat sie ja auch fast unverändert abgesegnet. Mehr Lehrer will er, bessere Ausstattung - so gute, dass die Leute von Charlottenburg herkommen und ihre Kinder bringen. Aber so ein Lehrer kostet 50.000 Euro im Jahr. Bekäme nur jede der 850 Schulen in Berlin einen zusätzlich, wären das mehr als 40 Millionen Euro im Jahr. Und man bräuchte Hunderte. Es ist eine Illusion.

Und man bräuchte ja nicht nur Lehrer: Man müsste den Eltern Erziehung beibringen. Oft kommen Kinder in die Schule und können sich keine Schnürsenkel binden und wissen nicht, wie man eine Schere benutzt. Und dann fangen jetzt schon die ganz Jungen an, selbst wieder Kinder zu kriegen. Gerade ist ein Kind in Karola Richters Kita gekommen - von einer 17-jährigen Mutter.

"Die hatte keine Lehrstelle, keine Wohnung, lebte noch bei den Eltern. Alles war öde, die wollte raus und schaffte sich schnell ein Kind an - dann kriegt sie auch eine Wohnung." Die nächste Generation, die Neukölln zum Brennpunkt macht.

© SZ vom 01.04.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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