Die Linke in der Krise:Als Oskar noch da war

Lesezeit: 2 min

Bei der Linken kriselt es: Selbst Gysi, der Pfiffikus der Partei, ruft verzweifelt nach Lafontaine, mit dem früher alles so schön geklappt hat. Die Genossen klammern sich an die Vergangenheit - und haben Angst vor der Zukunft.

Daniel Brössler, Berlin

Ungenau wäre es, der Linkspartei in ihrem derzeitigen Zustand ein großes Problem zu attestieren. Nicht mit einem, sondern mit drei großen Problemen quält sie sich. Sie heißen Personal, Programm und Positionierung.

Gründungsvater der Linken: Oskar Lafontaine, hier bei einer Rede im Jahre 2009 (Foto: ddp)

Für die Linke bedeutet das vier Jahre nach der Fusion von PDS und WASG eine Katastrophe, denn die drei Ps stehen für alles, was eine Partei für den Erfolg beim Wähler braucht. Die Krise der Linken ist existentiell.

Besonders deutlich machen das die Mühen bei der Positionierung im Parteiengefüge. Zur bundesweiten Kraft geworden ist die Linke in Abgrenzung zur SPD, aber auch zu den Grünen. Der Ärger über die sozialen Einschnitte der Agenda 2010 hatte jenen Raum geschaffen, den die Linke besetzen konnte.

Aus einer ostdeutschen Regionalpartei und einer westdeutschen Protestgruppe entstand eine erfolgreiche Linke - die dann in der Opposition zur großen Koalition noch stärker werden konnte.

Die Bundestagswahl 2009 und der Machtverlust der SPD hatten jedoch eine vollkommen neue Lage zur Folge. Viele in der Linken haben das erkannt. Die Partei insgesamt aber erwies sich als unfähig, darauf zu reagieren.

Die großen Gegner blieben SPD und Grüne, was insbesondere anschaulich geworden ist durch die Weigerung der Linken, für den Präsidentschaftskandidaten Joachim Gauck zu stimmen.

Hinzu kommt das Problem mit dem Programm. Es ist ein doppeltes. Zum einen ringt die Linke darum, ihre programmatischen Eckpunkte durch ein echtes Grundsatzprogramm zu ersetzen.

Kampf um den Markenkern

Einer ihrer Gründungsväter, Oskar Lafontaine, hat dafür einen linientreuen Entwurf hinterlassen, der jene verzweifeln lässt, die eine pragmatische Anmutung ihrer Partei wünschen. Zusätzlich zu diesem Konflikt, der im Oktober auf einem Programmparteitag entschieden werden muss, tobt in der Linken ein Kampf um den Markenkern.

Die Traditionalisten sehen darin das Soziale und nichts als das Soziale. Den Atomausstieg halten sie nur für interessant, sofern er verbunden ist mit der Frage: Was kostet er die Ärmsten?

Die Modernisierer hingegen wollen, dass die Partei sich, wie es so schön heißt, breiter aufstellt. Größtenteils kommen sie aus dem Osten, wo die Linke Volkspartei ist und es gerne bliebe.

Bleibt das Personal. Müßig geworden ist die Frage, ob Parteichefin Gesine Lötzsch vielleicht doch noch ihre beleidigte Attitüde ablegen möchte. Niemand wartet auch mehr darauf, dass ihr Ko-Vorsitzender Klaus Ernst noch im Umgang mit den Mitgliedern aus dem Osten den richtigen Ton trifft. Anfangs waren die Erwartungen an die Nachfolger von Lothar Bisky und Oskar Lafontaine zu hoch. Das war schlimm. Nun erwartet keiner mehr etwas. Das ist schlimmer.

Auch Gregor Gysi, dem Pfiffikus der Linkspartei, fällt nichts mehr ein. Verzweifelt ruft er nach Lafontaine, mit dem früher alles so schön geklappt hat. So wirkt es, als klammere sich die Linke an die Vergangenheit und fürchte die Zukunft. Grund dazu hat sie.

© SZ vom 13.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: