Die Geschichte von Eric B.:Musterschüler wird Terrorist

Noch vor wenigen Monaten war Eric B. für alle nur ein begabter und schüchterner Junge. Jetzt ist er Terrorist und wird vom BKA gesucht.

Annette Ramelsberger

Eric B. aus Neunkirchen im Saarland hat ein Jahr hinter sich, das als rasant zu beschreiben untertrieben wäre. Der 20-Jährige hat eine geradezu raketenhafte Entwicklung durchgemacht - vom begabten, unauffälligen Schüler hin zum gesuchten, zu allem bereiten Terroristen. In gerade einmal 14 Monaten ist aus dem netten Jungen aus dem Saarland ein Mann geworden, vor dem das Bundeskriminalamt (BKA) mit Fahndungsplakaten an allen Militärposten, diplomatischen Vertretungen und in den Hotels von Afghanistan warnt.

Das BKA geht davon aus, dass Eric und sein vier Jahre älterer Freund Houssein al-M., ein gebürtiger Libanese, der ebenfalls aus dem Saarland stammt, gerade dabei sind, Anschläge in Afghanistan vorzubereiten.

Die beiden gelten als enge Freunde der drei in deutscher Haft sitzenden Männer, die im September festgenommen wurden, als sie in einer Wohnung im Sauerland dabei waren, Bomben zu bauen.

"Möglichst viele Tote"

Die Männer wollten die Bomben in amerikanischen Diskotheken, Pubs oder Supermärkte in Deutschland zünden und dabei "möglichst viele Tote" erreichen, so hatten sie untereinander besprochen.

Die drei aus der sogenannten Sauerlandzelle gelten als deutsche Emissäre einer Terrorgruppe, die sich "Islamic Dschihad Union" nennt und Terrorausbildungslager im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet betreibt. Dort waren die beiden Saarländer Eric B. und Houssein al-M. in den vergangenen Monaten wohl gewesen. Die Fahnder hatten ihren Weg ziemlich genau nachverfolgt. Von Neunkirchen aus über Ägypten bis zur iranisch-pakistanischen Grenze. Der Libanese Houssein al-M. stand bereits im Herbst auf der Beschuldigten-Liste des BKA, das die Ermittlungen gegen die Bombenbauer aus dem Sauerland führt.

Etwa 40 Personen zählen die Beamten zu dieser Gruppe - allein in Deutschland. Die Mitglieder gelten als zu allem entschlossen und als "absolut planungstreu". Das heißt: Was sie sich vorgenommen haben, das setzen sie um. Selbst wenn dabei einige von ihnen verhaftet werden. Einer der Mitglieder ist Eric B.

Der junge Mann radikalisierte sich in einer Schnelligkeit, die Verfassungsschützer bisher nicht beobachtet hatten. Erst im Januar 2007 konvertierte der damals 19-Jährige zum Islam, kurz danach zog er zu einem Freund Daniel S. aus Neunkirchen, der als strenger Islamist gilt und nun wegen der Vorbereitung von Sprengstoffanschlägen in Haft sitzt.

Ein Saatkorn, das erst aufgehen muss

Dieser Daniel S. muss großen Einfluss auf den Jungen gehabt haben. Sie lebten zusammen in einer WG, sie gingen gemeinsam in die Moschee. Eric B., davon gehen Fahnder aus, muss auch von den Anschlagsvorbereitungen gewusst haben. Doch an dem Tag, an dem sich die drei Bombenbauer ins Sauerland aufmachten, schickten sie Eric B. ins Ausland.

Einige Fahnder glaubten, dass sie ihn nicht dabei haben wollten. Andere zeigten sich alarmiert: Der Junge sollte möglicherweise die nächste Generation der islamistischen Terrorzelle in Deutschland sein. Ein Saatkorn, das erst aufgehen sollte.

Nun geht das BKA offenbar davon aus, dass der Junge nicht erst nach Hause zurückkehren will, sondern gleich zuschlagen möchte. Als unverdächtiger Deutscher könnte er womöglich schnell Zugang zu deutschen Polizisten oder zu Bundeswehr-Standorten bekommen. Dass deutsche Islamisten nun deutsche Opfer in Afghanistan suchen, das ist eine Volte, mit der bis vor kurzem selbst in den ständig wachsamen Sicherheitskreisen niemand gerechnet hatte. Deutscher Terror, exportiert an den Hindukusch.

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