Die FDP nach Westerwelle:Alles Gewinner - außer Guido

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Gesundheitsminister Rösler wird Parteichef, und sonst? Nichts und sonst. Für jeden und jede werden plötzlich Argumente gefunden, warum er oder sie das Amt behalten solle. Westerwelle wird zum Alleinschuldigen erklärt und tut einem fast leid. Dieser Machtwechsel verkörpert keine Kontinuität, sondern eine Drohung. Die Krise in der FDP geht weiter. Und nicht nur da.

Nico Fried

Donnerwetter, da hat sich aber wirklich was verändert in der FDP! Welch ein umfassender Personalwechsel! Der bisherige Parteichef geht, aber auch nicht so ganz wirklich. Der bisherige Gesundheitsminister wird neuer Parteichef, quasi aus Versehen. Und sonst? Nichts und sonst. Das war's. Alle anderen verharren auf ihren Plätzen. Alle sind unverzichtbar, außer Guido Westerwelle. Deutlicher hätte die gesamte FDP ihrem scheidenden Chef nicht sagen können: Du allein bist an allem schuld! Und zur Strafe darfst du jetzt Außenminister bleiben. Die Botschaft dieses Revirements, das keines war, lautet: Die FDP bleibt konsequent inkonsequent.

Neuer und alter FDP-Parteichef: Gesundheitsminister Philipp Rösler (links) mit Außenminister Guido Westerwelle. (Foto: dpa)

Wenn Angela Merkel an diesem Mittwoch ihre Minister im Kabinett um sich schart, wird sie gar nichts merken. Sind alle noch da. Irgendwann im Mai wird dann Philipp Rösler neben ihr Platz nehmen als Vizekanzler. Und Guido Westerwelle sitzt ihr dann womöglich gegenüber. Mehr ändert sich nicht. Diese Regierung wird weiter regieren wie bisher. Das ist eine Kontinuität, die keine Verheißung bedeutet, sondern eine Drohung.

Zu allem Überfluss bringt es die FDP noch fertig, dass einem Guido Westerwelle fast leid tut. Für jeden und jede finden sich plötzlich Argumente, warum sie oder er ihr Amt behalten sollen. Nur nicht für Westerwelle, dem sie doch alle diese Ämter zu verdanken haben. Gewonnen wird gemeinsam, verloren hat nur einer.

Selbst die Legendenbildung geht jetzt auf Kosten des scheidenden Parteichefs: Philipp Rösler soll ihm angeblich erst mit einer Kampfkandidatur gedroht und dann auch noch das Amt des Vizekanzlers entrissen haben. Gemessen an diesem strahlenden Helden aus Niedersachsen war Siegfried, der Nibelunge, ein armes Würstchen.

Halbiert und doppelt überfordert

Manches davon mag stimmen. Manches aber spricht auch dafür, dass mit diesen Sagen nur abgelenkt werden soll von der ersten Niederlage Röslers noch vor seiner Wahl: Es ist ihm nicht gelungen, den Parteivorsitz zu bekommen und das Amt des Gesundheitsministers loszuwerden. Der bisherige Parteichef Westerwelle aber hat es nicht einmal als Außenminister geschafft, seine Popularität und die seiner Partei zu verbessern.

Wenn man das nun von seinem Nachfolger Rösler aus dem Amt des Gesundheitsministers heraus erwartet, kommt das der Aufforderung gleich, vom Keller aus die Dachrinne zu reparieren. Das Schicksal der FDP hängt damit zum Beispiel auch davon ab, wie die Reform der Pflegeversicherung aussehen wird. Nach allen bisherigen Erfahrungen mit Reformen dieser Regierung muss man sagen: Das hat sie nicht verdient, die Pflegeversicherung.

Die FDP hat Guido Westerwelle halbiert und überfordert dafür im Gegenzug Philipp Rösler womöglich doppelt. Weder die Partei noch die Koalition wirken nach dieser neuen Verteilung der Kräfte wirklich gestärkt. Die Konflikte und die Art, wie sie behoben wurden, bergen weitere Konflikte in sich. Die Krise geht weiter, die der FDP und die der Koalition.

© SZ vom 06.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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