Deutschland:Der vermeintliche Musterknabe

Umweltschützer ziehen eine kritische Bilanz der deutschen Klimapolitik. Vor allem der Kompromiss bei der Kraft-Wärme-Kopplung gefällt ihnen nicht.

Bernd Oswald

Die Vorgaben des deutschen Klimaschutzprogramms lesen sich prächtig: Drastische Minderung der Treibhausgasemissionen, Verdopplung des Anteils erneuerbarer Energien, Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung, Steigerung der Energieproduktivität.

Programme sind eine Sache, ihre Umsetzung eine andere.

Rückzieher bei Kraft-Wärme-Kopplung ein "Desaster"

Gerade bei der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), durch deren Förderung bis 2010 23 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden sollen, ist die Regierung von ihren selbst gesteckten Vorgaben abgerückt.

Als das Programm im Oktober 2000 vom Kabinett beschlossen wurde, sollte dieses ehrgeizige Einsparziel per Quotenregelung erreicht werden.

Die Umweltschützer waren damals richtig happy über ein "mustergültiges Klimaprogramm", wie Gerhard Timm, Geschäftsführer des BUND Naturschutz in Deutschland feststellt.

Nun soll der Ausbau mit einer Selbstverpflichtung der Wirtschaft erreicht werden. KWK-Anlagen-Betreiber erhalten einen staatlichen Bonus von drei Pfennig pro Kilowattstunde. So wird so lange verfahren bis die KWK-Anlagen mit acht Milliarden Mark subventioniert worden sind.

Die Umweltschützer schlagen angesichts dieser Regelung die Hände über dem Kopf zusammen: "Es ist ein Desaster, dass Wirtschaftsminister Müller Bundeskanzler Schröder eingeredet hat, die Quotenregelung sei ein planwirtschaftliches Instrument", ärgert sich Jochen Flasbarth, Präsident des Naturschutzbundes Deutschland.

Flasbarth: Quotenregelung ist marktwirtschaftlich

Er hält die Quotenregelung für ein überaus marktwirtschaftliches Modell. Dass mit der freiwilligen Selbstverpflichtung 23 Millionen Tonnen eingespart werden können, schätzt er als "ziemlich unsicher" ein.

Auch BUND-Kollege Timm hält dieses Vorgehen für "unrealistisch" und wirft der Regierung einen Zick-Zack-Kurs vor: "Wenn das Einsparziel bei der Überprüfung 2007 nicht erreicht ist, soll doch wieder eine zu erfüllende Quote vorgeschrieben werden. Warum nicht gleich so?"

BUND und NABU kritisieren beide, dass mit den acht Milliarden Mark nur die Modernisierung von KWK-Anlagen gefördert wird, nicht aber der Neubau. Gerade in Hinblick auf den noch ziemlich brach liegenden KWK-Anlagenmarkt sei das nicht nachvollziehbar.

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