Deutscher Historikertag:Gauck besucht seine Kritiker

Bundespräsident Joachim Gauck

Die historischen Erfahrungen könnten "vor Selbstgefälligkeit und Unbelehrbarkeit warnen": Bundespräsident Joachim Gauck (Archivbild).

(Foto: dpa)

"Die Zukunft kommt nicht von selbst": Beim Deutschen Historikertag in Göttingen verteidigt Bundespräsident Gauck seine Ansichten zur Außenpolitik und den Lehren der Geschichte. Historiker hatten ihn dafür scharf kritisiert.

Von Johan Schloemann, Göttingen

Bundespräsident Joachim Gauck hat seine Ansicht verteidigt, dass aus der Geschichte Schlussfolgerungen für die heutige Politik zu ziehen seien. Bei der Eröffnung des 50. Deutschen Historikertages in Göttingen sagte Gauck am Dienstagabend, die Geschichte sei "selbst in Situationen, die unabänderlich erscheinen, beeinflussbar und gestaltbar", und diese aus der Vergangenheit gewonnene Einsicht könne "zu entschiedenem Handeln motivieren".

Die historischen Erfahrungen könnten zwar "nur selten eindeutige Handlungsoptionen für die Gegenwart bereitstellen", aber doch "vor Selbstgefälligkeit und Unbelehrbarkeit warnen", sagte Gauck in seiner Göttinger Festrede. Der Historikertag ist das europaweit größte Fachtreffen der Geschichtsforscher und Geschichtslehrer mit über 3000 Teilnehmern. Das diesjährige Motto des Kongresses, das auch viele aktuelle Assoziationen weckt, lautet "Gewinner und Verlierer".

Für eine Rede im polnischen Danzig, in der er aus der Geschichte des Zweiten Weltkrieges eine entschlossene Haltung gegenüber Russlands Präsident Putin ableitete, hatte Gauck zuletzt viel Kritik geerntet, auch von Fachhistorikern. In Göttingen vermied er es jetzt, weiteres Öl ins Feuer zu gießen und den Ukraine-Konflikt oder andere außenpolitische Krisen ausdrücklich beim Namen zu nennen.

Er hielt lieber eine tiefgehende, sehr nachdenkliche Rede. Und doch war Joachim Gaucks Tendenz wieder eindeutig: Der Bundespräsident sprach erneut von Deutschlands Verantwortung, sich "in Wort und Tat" für "Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit" einzusetzen. Er verwies auf das Versagen der Außenpolitik vor dem Ersten Weltkrieg sowie auf die friedlichen Revolutionen von 1989 - und mahnte die Zeitgenossen mit den Worten: "Die Zukunft kommt nicht von selbst."

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