Reaktionen auf Schuldenkrise:Brüderle lehnt EU-Hilfen für Italien ab

Zwar drängen immer mehr Experten im Zuge der Euro-Schuldenkrise zum Handeln - unter anderem der FDP-Politiker Schäffler, der eine Sondersitzung des Bundestags fordert. Anders sieht das Rainer Brüderle: Der Fraktionschef der Liberalen im Bundestag findet, Italien solle seine Probleme ohne Hilfe von Außen in den Griff bekommen.

Erst Griechenland und Portugal, jetzt Italien und Spanien. Die Finanzkrise hat den Euro-Raum fest im Griff. Die Chefs der größten Volkswirtschaften, Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy, suchen verzweifelt nach Lösungen. Doch die Kritik an der Politik der Regierung und den Maßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) nimmt in Deutschland zu - nicht nur aus den Reihen der Opposition.

Wirtschaftsminister Brüderle stellt Frühjahrsprognose vor

Rainer Brüderle (FDP) lehnt Hilfszahlungen an Italien ab.

(Foto: dpa)

So forderte der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler wegen der Euro-Krise eine Sondersitzung des Bundestages. Angesichts der Zuspitzung der Lage müsse das Parlament über eine weitere Ausweitung des Euro-Rettungsschirms entscheiden, sagte Schäffler im Deutschlandfunk. Die SPD hingegen hält eine vorzeitige Rückkehr des Bundestags aus der Sommerpause nicht notwendig. "Was sollte er entscheiden?", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel und wies darauf hin, dass die entscheidungsreifen Vorschläge der EU-Kommission erst im September vorlägen.

Der FDP-Politiker Schäffler äußerte sich besorgt über das Vorhaben der Europäischen Zentralbank (EZB), italienische und spanische Staatsanleihen aufzukaufen. Dies seien die Anfänge einer Interventionsspirale, sagte Schäffler. Zudem verstoße die EZB damit gegen ihre eigenen Regeln. "Ich glaube, dass die Krise sich zuspitzen wird, dass wir nicht Zeit haben bis im September, um diese Dinge zu besprechen", begründete Schäffler seine Forderung nach einer Sondersitzung des Bundestages.

Das Parlament müsse auf der Einhaltung früherer Beschlüsse bestehen, wonach Schuldenaufkaufprogramme nicht durch den Euro-Raum finanziert werden sollten. Schäffler rief die EZB auf, sie müsse, statt Anleihen aufzukaufen, schrittweise wieder zu einer stabilen Geldpolitik zurückkehren.

Rainer Brüderle, der FDP-Bundestagsfraktionschef, lehnt Hilfszahlungen für Italien ab. "Die italienische Wirtschaftsstruktur ist deutlich stabiler und wettbewerbsfähiger als etwa die griechische", sagte Brüderle der Bild-Zeitung. Italien könne es aus eigener Kraft schaffen. Die EU-Schuldenstaaten müssten allerdings nun vor allem sparen und ihre Haushaltsdefizite deutlich zurückfahren.

Für die Konjunkturentwicklung in Deutschland zeigte sich Brüderle optimistisch: "Deutschland ist gut aufgestellt, das Wachstum ist robust. Von daher erwarte ich für uns keinen Konjunktureinbruch." Italien und auch Spanien mussten zuletzt rekordhohe Zinsen für ihre Refinanzierung anbieten und drohten, in den Strudel der Euro-Schuldenkrise zu geraten.

Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick verlangt effektive europäische Entscheidungsstrukturen für die Bewältigung der Finanzkrise. Notwendig sei "ein gemeinsames Finanzministerium für die Euro-Zone", sagte Schick der Saarbrücker Zeitung. Er unterstützt damit einen Vorschlag des Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet. Es könne nicht sein, "dass die europäischen Regierungschefs in immer kürzeren Abständen Krisen-Gipfel abhalten und dadurch immer neue Unsicherheiten auslösen", sagte Schick. Auf Deutschland übertragen hieße das, man hätte nur einen Bundesrat, aber keine Bundesregierung: "Das kann nicht funktionieren.

SPD-Chef Gabriel fordert eine rasche Umsetzung der auf dem Euro-Sondergipfel im Juli gefassten Beschlüsse für weitere Griechenlandhilfen, die erstmals auch eine Beteiligung privater Gläubiger vorsehen. Die Maßnahmen müssten dann weiterentwickelt werden. "Am Ende muss eine gemeinschaftliche Haftung für einen Teil der Schulden stehen", bekräftigte Gabriel.

Zudem müsse aus der "Krisentransferunion", die sich von Rettungspaket zu Rettungspaket hangele, eine "Wachstumstransferunion" werden. Der "Marschallplan" zur Stärkung angeschlagener Länder wie Griechenland oder Spanien dürfe nicht auf einen "Obergefreitenplan" reduziert werden. Erneut sprach sich Gabriel für eine Finanztransaktionssteuer aus. Diese könne mit einem jährlichen Aufkommen von 100 Milliarden Euro einen "echten Wachstumsschritt" bringen.

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