Deutsche Marine:Mit müdem Material ins Mittelmeer

Deutsche Soldaten sollen die Küste des Libanon kontrollieren. Ihre Fregatten und Schnellboote sind jedoch schlecht für den Kampf gegen illegale Waffenlieferungen an die Hisbollah ausgerüstet.

Christoph Hickmann

Das "Frettchen" fühlt sich am wohlsten in Ost- und Nordsee, gleiches gilt für "Dachs" und "Ozelot". Die Rede ist nicht von possierlichen Landraubtieren, sondern von Schnellbooten der so genannten Gepard-Klasse. Diese bilden das 7. Schnellbootgeschwader der Marine, stationiert in Warnemünde. Die Boote dieses Verbandes rücken nun als eine der Optionen in den Blickpunkt, die der Bundesregierung bei einer Beteiligung an der Nahost-Friedenstruppe zur Verfügung stehen.

Deutsche Marine: Für die "Schmuggelabwehr" in Nord- und Ostsee hervorragend sind die Schnellboote der deutschen Marine geeignet, aber auch für den Kampf gegen geheime Waffenlieferungen in Nahost?

Für die "Schmuggelabwehr" in Nord- und Ostsee hervorragend sind die Schnellboote der deutschen Marine geeignet, aber auch für den Kampf gegen geheime Waffenlieferungen in Nahost?

(Foto: Foto: dpa)

Deutsche Schnellboote könnten vor der libanesischen Küste etwa darüber wachen, dass die Hisbollah-Milizen keinen Nachschub an Waffen mehr über den Seeweg bekommen, so lautet eines der derzeit diskutierten Szenarien. Und für die Küstensicherung sind die Schnellboote auch tatsächlich konzipiert - allerdings für die Sicherung der heimatlichen Küste. Für längere Ausflüge sind sie nur bedingt geeignet.

Das Material forderte seinen Tribut

Vor allem während des kalten Krieges war die Absicherung der deutschen Küste die eigentliche Aufgabe der Schnellboote gewesen, doch auch heute noch fahren sie ihre Manöver vor allem im Nord- und Ostseeraum. Einsätze auf hoher See gehören nicht in ihr Profil. Um aber überhaupt an die libanesische Küste zu gelangen, wäre ein längerer Transfer erforderlich.

Der dürfte etwa zwei Wochen dauern, denn können die Schnellboote mit je etwa 40 Mann Besatzung können den Weg doch nicht allein antreten, sondern brauchen zur Verpflegung und Treibstoffnachschubversorgung ein großes Versorgungsschiff, den so genannten Tender. Dessen Tempo müssen sie sich anpassen. Hinzu kommt, dass die Boote der Gepard-Klasse allesamt mehr als zwanzig Jahre alt sind, das Material ist entsprechend verschlissen.

Auf längeren Seestrecken häufen sich regelmäßig die Ausfälle, weshalb etwa vor vier Jahren fünf Schnellboote mit einem zivilen Transportschiff nach Djibouti gebracht wurden. Diese Möglichkeit, das so genannte Condock-Verfahren, böte sich auch jetzt an, würde aber den Transfer wohl noch einmal verlängern.

Bewaffnung nur zum Selbstschutz

Doch selbst bei geglückter Überfahrt bleiben Probleme: Vor Djibouti etwa gab es immer wieder Schwierigkeiten, weil die Wassertemperatur zu hoch war und im ruhenden Zustand Probleme mit der Motorenkühlung entstanden. Das Material forderte seinen Tribut. Für längere Einsätze auf See sind die letzten deutschen Schnellboote - die Vorgängerklasse fährt inzwischen unter tunesischer Flagge oder ist komplett ausgemustert - ohnehin nicht konzipiert.

Die Stärke dieser Boote ihre Stärke liegt im schnellen, kurzen Vorstoß. Nicht von ungefähr sehnen Marineoffiziere seit Jahren die Fertigstellung von fünf Korvetten herbei, deren erste demnächst in die Erprobungsphase gehen soll. In diesen Schiffen sollen Schnelligkeit und Wendigkeit der Schnellboote mit der Hochseetauglichkeit vereint sein.

Der größere Schiffstyp der Korvette ist eine Art Zwischenstufe oberhalb der Schnellboote und unterhalb der deutschen Fregatten, die nun ebenfalls im Gespräch für den Nahost-Einsatz sind. In Frage kämen derzeit sieben dieser Schiffe, die übrigen sind in der Werft oder bei internationalen Operationen im Einsatz.

Hauptziel: Präsenz zeigen

Die Fregatten mit etwa 200 bis 220 Mann Besatzung sind mit beinahe allen Möglichkeiten der elektronischen Kampfführung und Aufklärung ausgestattet, doch im Vergleich mit den Schnellbooten deutlich weniger wendig. Zwar befinden sich an Bord Hubschrauber, die aber zur Kontrolle anderer Schiffe wenig geeignet sind. Tatsächlich sind sie dafür gedacht, die Fregatten bei ihrer Hauptaufgabe zu unterstützen: der U-Boot-Abwehr. Ansonsten dient die Bewaffnung an Bord hauptsächlich dem Selbstschutz.

Weiteres steht dem Aufgabenprofil "Schmuggelabwehr" entgegen: Auf dem Papier liegt die Höchstgeschwindigkeit der Fregatten bei etwa 30 Knoten pro Stunde. Die aber wird erstens kaum einmal erreicht, und zweitens dürfte selbst ein solches Tempo nicht genügen, um potenzielle Waffenschmuggler zu kontrollieren. Besonders vor der Küste werden hier deutlich kleinere und schnellere Fahrzeuge eingesetzt, was wiederum ins Profil der Schnellboote mit ihren erwähnten Schwierigkeiten passen würde.

Auch die aber dürften hier in der Geschwindigkeit in manchen Fällen unterlegen sein: Selbst manches scheinbar schwerfällige Schiff bringt es auf 35 Knoten in der Stunde und damit kaum weniger als ein deutsches Schnellboot, das mit Maximalkraft fährt und so Gefahr läuft, die Grenzen des Materials zu überschreiten.

Es kann also für die deutsche Marine daher vor der libanesischen Küste um wenig mehr gehen als darum, Präsenz zu zeigen. Dazu passt, dass als weitere Option diskutiert wird, Minensuchboote zu entsenden. Waffenschmuggler aber neigen in den seltensten Fällen dazu, von ihnen befahrene Küstengewässer zu verminen.

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