Deutsche Bank:Ein neuer Chef ist zu wenig

Deutschlands größtes Geldhaus hat keine richtige Strategie. Da reicht das Auswechseln des Vorstandsvorsitzenden nicht aus. Auch der Aufsichtsratschef Achleitner sollte gehen.

Von Meike Schreiber

John Cryans Tage als Vorstandschef der Deutschen Bank sind gezählt. Mit atemberaubender Geschwindigkeit hat sich das größte deutsche Geldhaus selbst zerlegt. Vor Jahren noch das Machtzentrum des Landes, ist es zu einer Hypothek geworden - sogar für die Bundesregierung, sollte sie irgendwann rettend eingreifen müssen. Cryan mag sich in knapp drei Jahren im Amt bemüht haben, die Bank zu sanieren. Allein, der Aktienkurs halbierte sich. Die Strategie der globalen Investmentbank führte ins Nirgendwo.

Nun soll wohl Privatkundenvorstand Christian Sewing an die Spitze rücken. Nach vielen Jahren, die das Geldhaus von Investmentbankern angelsächsischer Prägung geführt wurde, käme in dem 47-jährigen Westfalen nicht nur erstmals seit Langem ein Privatkundenmann an die Spitze, es wäre auch wieder ein Deutscher. Er kennt die Bank seit fast drei Jahrzehnten und gilt als integer. Wird nun also alles gut? Das ist ungewiss. Die Berufung allein ist noch kein Befreiungsschlag. Sie ist kein ausreichendes Indiz dafür, dass die Bank einen neuen Kurs fährt und das Investmentbanking, ihr Kerngeschäft, deutlich zurechtstutzt und ihre globalen Ambitionen aufgibt.

An der Spitze des Aufsichtsrats hat Achleitner zu viele Fehler gemacht. Auch er sollte gehen

Das eigentliche Problem der Bank ist eine Stufe darüber angesiedelt, es ist Aufsichtsratschef Paul Achleitner. Der joviale Österreicher hat in seiner Amtszeit seit 2012 derart viele Fehler gemacht, dass er als normaler Mitarbeiter längst hätte gehen müssen. Achleitner aber klammert sich an sein Amt. Mit der näherrückenden Hauptversammlung im Mai hat der 61-Jährige gespürt, dass er den Aktionären etwas vorweisen muss, um seinen Job zu retten. Jetzt bietet er den Vorstandschef.

Dabei ist es er selbst, der zurücktreten sollte. Wenn nicht zur Hauptversammlung im Mai, dann spätestens in einem Jahr. Lassen es die Aktionäre wieder schleifen, sich um einen Nachfolger zu kümmern, sollte sich die Finanzaufsicht einmischen. Die Deutsche Bank ist kein Ort für die Selbstverwirklichung eines Ex-Topmanagers. Das ist zu gefährlich.

Einerseits hat Achleitner zu lange an Cryans Vorgängern Anshu Jain und Jürgen Fitschen festgehalten. Dies hat der Bank viel höhere Strafzahlungen für Vergehen aus der Finanzkrise eingebrockt als anderen und hat wiederum dazu geführt, dass Achleitner frisches Kapital von windigen Aktionären aus Katar und China annehmen musste. Das andere ist, dass er 2015 glaubte, Cryan sei der Richtige. Es war Achleitner, der den Briten aus dem Aufsichtsrat an die Spitze des Vorstands stellte - als vermeintlich knallharten Sanierer. Damals wie heute ging es jedoch in erster Linie um Achleitners eigenen Job.

Was also kann Sewing besser machen als Cryan? Wird er die Kosten schneller senken, nur weil er etwas Erfahrung als Revisor hat? Unter Achleitner hat die Bank bislang nur eine Personal-, aber keine Strategiedebatte geführt. Der frühere Deutschland-Chef von Goldman Sachs hängt dem falschen Glauben an, gegen die Wallstreet-Banken bestehen zu können. Seit Jahren regiert das Prinzip Hoffnung, dass die Zinsen steigen, der Wertpapierhandel Fahrt aufnimmt. Nur dank Milliarden-Boni, trotz Verlusten, ließ sich der Laden am Laufen halten. Das aber zeigt, dass die Bank kein Geschäftsmodell hat.

Als Cryan 2015 ins Amt kam, nahm er sich keine Zeit, die Strategie zu überdenken. Sewing sollte aus diesem Fehler lernen. Er kann nur erfolgreich sein, wenn er sich von Achleitner emanzipiert.

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