Deutsch-israelische Konsultationen:Drohung an Iran

Die Bundeskanzlerin und Israels Premier Netanjahu fordern Sanktionen gegen Iran und von den USA mehr Einsatz in Nahost. Merkel übt auch leise Kritik am Siedlungsbau.

Die Regierungschefs von Israel und Deutschland, Benjamin Netanjahu und Angela Merkel, haben sich bei den Konsultationen beider Länder in Berlin für Sanktionen gegen Iran wegen dessen umstrittenen Atomprogramms ausgesprochen. Im Gegensatz zu Merkel forderte der israelische Ministerpräsident allerdings unverzüglich Sanktionen. Die Bundeskanzlerin macht die Maßnahmen vom weiteren Verhalten Teherans abhängig. Beide Politiker forderten die USA auf, die Führungsrolle im Nahost-Friedensprozess zu übernehmen.

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Israels Premier Benjamin Netanjahu fordert sofortige Sanktionen gegen Iran - Bundeskanzlerin Merkel ist auch für Sanktionen, gibt Teheran aber noch eine Chance.

(Foto: Foto: dpa)

Nach den zweiten deutsch-israelischen Regierungskonsultationen sagte Netanjahu am Montag in Berlin: "Wenn wir Sanktionen nicht jetzt verhängen, und zwar harte Sanktionen gegen die iranische Tyrannei, wann denn dann?"

"Historischer Moment"

Kanzlerin Angela Merkel zeigte sich ebenfalls zu Strafmaßnahmen bereit und bekräftigte die internationalen Sanktionsdrohungen. Falls Iran im Streit um sein Atomprogramm nicht einlenke, werde Deutschland "an umfassenden Sanktionen mitarbeiten", sagte sie.

Bei der gemeinsamen Kabinettssitzung standen auch der Nahost-Friedensprozess sowie die Wirtschaftskooperation auf der Tagesordnung. Netanjahu sprach von einem "historischen Moment" angesichts der Tatsache, dass 65 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges deutsch-israelische Regierungskonsultationen in Berlin stattfänden. Zuvor hatte Regierungssprecher Christoph Steegmans darauf hingewiesen, dass Deutschland ähnliche Konsultationen nur mit wenigen Partnern wie beispielsweise Frankreich oder Polen führe.

Der israelische Premierminister hatte am Mittag auch das Holocaust-Mahnmal in der Hauptstadt besucht und sich bewegt gezeigt. "Deutschland hat nicht einen Moment gezögert, sich dem dunkelsten Kapitel seiner Vergangenheit zu stellen", sagte er anerkennend.

Beim Siedlungsbaustopp mehr erwartet

Die erste gemeinsame deutsch-israelische Kabinettssitzung hatte 2008 in Jerusalem stattgefunden. Der israelische Präsident Schimon Peres wird nach Mitteilung des Bundespresseamtes in der kommenden Woche die Bundesrepublik für drei Tage besuchen.

Zu den iranischen Bestrebungen, atomwaffenfähiges Uran anzureichern, sagte Netanjahu, dass Teheran "auf keinen Fall in den Besitz von Nuklearwaffen geraten darf". Schließlich unterstütze das Regime den Terrorismus. Die internationale Gemeinschaft müsse jetzt zeigen, dass sie entschlossen handeln wolle.

Merkel sagte, sie habe für die deutsche Seite deutlich gemacht, dass sie Sanktionen unterstütze, falls der Iran nicht einlenke. Zwar wünsche man einen Beschluss der Strafmaßnahmen im Rahmen des UN-Sicherheitsrates, doch sollte das nicht möglich sein, dann werde Deutschland sich auch mit Ländern, die das gleiche Ziel verfolgen, an solchen Sanktionen beteiligen.

"Wir brauchen Amerika"

Zur Wiederbelebung des Nahost-Friedensprozesses bekannten sich beide. Netanjahu sagte, Israel knüpfe "keine Vorbedingungen" an den Beginn von Friedensverhandlungen. Merkel mahnte, das Zeitfenster für Verhandlungen jetzt zu nutzen. Sie merkte kritisch an, dass man von Israel in der Frage eines Siedlungsbaustopps mehr erwarten würde, aber: "Wir erkennen auch an, dass Israel wichtige Schritte getan hat, um den Verhandlungsprozess wieder in Gang zu bringen."

Beide Regierungschefs hoben hervor, dass ein Frieden in Nahost nur möglich sei, wenn die USA eine Führungsrolle übernehmen. "Wir brauchen Amerika", sagte Merkel. Sie verwies darauf, dass Anfang Februar auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas nach Berlin komme.

An den Regierungskonsultationen nahmen auf beiden Seiten mehrere Minister teil. So traf sich etwa Außenminister Guido Westerwelle mit seinem Amtskollegen Avigdor Lieberman; Wirtschaftsminister Rainer Brüderle empfing die israelischen Minister für Industrie, Handel und Arbeit sowie für nationale Infrastruktur. Brüderle stellte fest, dass das israelische Interesse an Investitionen in Deutschland stark zugenommen habe. 2008 belief sich das deutsch-israelische Handelsvolumen auf 4,3 Milliarden Euro, wobei auf die deutschen Exporte rund 2,7 Milliarden Euro entfielen.

Im Video: Bei den deutsch-israelischen Regierungskonsultationen haben beide Länder in vielen Punkten Einigkeit gezeigt.

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