Deutsch-französischer Minister:Pariser Phantom

Sarkozy will unbedingt einen deutsch-französischen Minister. Frankreichs ehemaliger Kulturminister Jack Lang würde den Posten übernehmen. Doch die Bundesregierung ist äußerst skeptisch.

Stefan Ulrich

Ein Phantom geht um in Paris, ein Phantom namens deutsch-französischer Minister. Alle paar Tage wird in der französischen Hauptstadt die Idee eines solchen Hybridwesens ins Spiel gebracht, und dann wieder als Spekulation verworfen.

Deutsch-französischer Minister: Wäre gern deutsch-französischer Minister: Jack Lang.

Wäre gern deutsch-französischer Minister: Jack Lang.

(Foto: Foto: AP)

Am Dienstag nun, einen Tag vor dem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Paris, wurde der französische Industrieminister Christian Estrosi ungewohnt deutlich. Seine Regierung denke über einen solchen Minister nach, sagte er und betonte: "Ich bin überzeugt, dass man das machen wird." Denn Präsident Nicolas Sarkozy habe den Ehrgeiz, das deutsch-französiche Bündnis in Europa zu stärken.

Bereits am Freitag hatte Europastaatssekretär Pierre Lellouche angedeutet, ein deutsch-französischer Minister werde womöglich im Januar geschaffen. Die sozialistische Oppositionspolitikerin Ségolène Royal begrüßte am Dienstag die Idee eines Doppelministers und schlug vor, ihm das Ressort wirtschaftliche Entwicklung zu übertragen.

Auch der frühere Bildungs- und Kulturminister Jack Lang spricht sich für einen deutsch-französischen Minister aus. In Paris heißt es, der 70 Jahre alte Sozialist würde diesen Posten selbst gerne bekommen. Zwar sind in Berlin wie Paris bürgerliche Regierungen im Amt. Sarkozy ist aber dafür bekannt, der Opposition gerne Politiker auszuspannen. Lang hat im Sommer immerhin schon einen Deutschkurs beim Goethe-Institut in Berlin gemacht. Derzeit sondiert er als Sondergesandter Sarkozys die Lage in Nordkorea.

Die Bundesregierung registriert den Pariser Vorstoß für einen Doppelminister "mit Unbehagen", wie zu hören ist. In Berlin will man prüfen, ob ein solches neues Amt überhaupt möglich ist. Darf ein französischer Staatsbürger deutsches Kabinettsmitglied werden? Könnte ein Minister auf die französische und die deutsche Verfassung zugleich vereidigt werden? Käme es da nicht zu Loyalitätskonflikten? Und wie nützlich wäre die "faszinierend klingende Idee" eines Doppelministers?

Schließlich wird in Kabinetten viel über nationale Sachfragen diskutiert, etwa über Details einer Rentenreform, die für ausländische Politiker uninteressant sind. Sinnvoller könnte es aus deutscher Sicht daher sein, die jeweiligen Fachminister aus Paris und Berlin zusammenzurufen, wenn Fragen anstehen, die beide Länder betreffen.

"Flitterwochen" von Merkel und Sarkozy

Derzeit versucht die Bundesregierung, den Partner ein wenig von der hohen Warte der symbolischen Politik herunterzuholen, ohne ihn zu verprellen. Berlin möchte sich konkreten Projekten zuwenden. Dabei geht es um die Bildungs-, Umwelt-, Energie- und Verteidigungspolitik. Genannt wird etwa die Entwicklung umweltschonender Automotoren und moderner Rüstungsgüter.

Gemeinsame Projekte könnten am 22. Januar, dem Jahrestag des Elysée-Vertrages, bekanntgegeben werden. Der frühere Beauftragte für die deutsch-französische Freundschaft, Bruno Le Maire, meint, Frankreich habe "eine endgültige Entscheidung" für Deutschland getroffen. "Die Frage ist nicht mehr, ob beide Länder für Europa zusammenarbeiten, sondern wie sie diese Führerschaft ausüben."

Zwischenmenschlich läuft es derweil bestens. Sarkozy und Merkel verstehen sich so gut, dass die Agentur AFP von einer "lune de miel", von Flitterwochen spricht. Diesen Mittwoch wollen der Präsident und die Kanzlerin unter dem Arc de Triomphe in Paris des Waffenstillstandes nach dem Ersten Weltkrieg gedenken. Bislang war das ein französisches Fest, an dem die Kanzler nicht teilnahmen.

Nun, nachdem der letzte französische Teilnehmer an diesem Krieg tot ist, möchte Sarkozy daraus eine deutsch-französische Versöhnungsfeier machen. Die Zeit sei reif, "um uns gemeinsam der Leiden zu erinnern, der Soldaten zu gedenken und den Frieden zu feiern".

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