Deutsch-französische Gespräche:Auf der Suche nach Gemeinsamkeiten

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Angela Merkel und François Hollande suchen in Paris gemeinsam nach Plänen zur EU. 

(Foto: AFP)

Was nach Frust und Streit an Gemeinsamkeiten auf dem Tisch liegt, ist überschaubar: Die Pläne von Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Hollande zur EU versuchen Positionen miteinander zu vereinen, die eigentlich kaum vereinbar sind. Ans Eingemachte geht es immerhin beim Thema Banken.

Von Daniel Brössler, Berlin, und Javier Cáceres, Brüssel

Eines, das wird am Tag danach ziemlich schnell klar, haben Kanzlerin und Präsident mit ihrem Pariser Vorstoß geschafft. Wenn sie in der Kritik stehen, dann immerhin mal wieder gemeinsam. "Ich glaube, dass wir genügend hohe Positionen in Europa haben, dass nicht zwingend eine weitere hinzuzufügen ist", kommentierte FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle am Freitagmorgen im Deutschlandfunk den Vorschlag von Angela Merkel und François Hollande, einen Vollzeitpräsidenten für die Euro-Gruppe zu berufen - ein Giftpfeil in Richtung des Sozialisten in Paris und der eigenen christdemokratischen Kanzlerin.

Aus Sicht Merkels dürfte er zu verschmerzen sein. Für sie war es - ebenso für Hollande - wichtig, ein Versprechen einzulösen, das beide im Januar anlässlich der Feierlichkeiten des 50. Jahrestages des Élysée-Vertrags gegeben hatten. Jenes, dass sie Vorschläge unterbreiten würden zur Fortentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion.

Auf die Ankündigung folgten dann hauptsächlich Streit und Frust, weshalb es immer unwahrscheinlicher erschien, dass wie angekündigt die Vorschläge tatsächlich vor dem EU-Gipfel Ende Juni präsentiert werden können. Was schließlich auf elf Seiten zu Papier gebracht wurde, hat aus dieser bescheidenen Perspektive daher einen Wert an sich.

Ans Eingemachte geht es beim Thema Banken

Allerdings - nimmt man Brüsseler Reaktionen zum Maßstab - keinen allzu hohen. Die Initiative "unterstütze, was die Kommission im Laufe des vergangenen Jahres zur Diskussion gestellt" habe, sagte Kommissionssprecherin Pia Ahrenskilde. Viele Ideen würden "existierende Kommissionsvorschläge wiedergeben".

Was nun an Gemeinsamkeit auf dem Tisch liegt, ist tatsächlich überschaubar. Es vermählt die Lieblingsbotschaften von Hollande (Wachstum) sowie Merkel (Haushaltskonsolidierung) und verlangt, dass beides "mit derselben Glaubwürdigkeit verfolgt" wird. Wiederholt wird auch das Bekenntnis zum Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit.

Eher ans Eingemachte geht es beim Thema Banken und der Frage, wie ein Geldhaus in der Euro-Zone künftig aufgerichtet oder abgewickelt werden kann. Die Richtlinie zur Harmonisierung der nationalen Banken-Regeln müsse vom Rat bis Ende Juni verabschiedet werden, verlangt das Merkel-Hollande-Papier. Sodann solle sie vom Europaparlament gebilligt und national umgesetzt werden.

Darauf aufbauend soll ein "einheitliches Abwicklungsgremium" geschaffen werden, "das die nationalen Abwicklungsbehörden einbindet und eine rasche, wirksame und kohärente Entscheidungsfindung auf zentraler Ebene erlaubt". Aus deutscher Sicht entscheidend: Nationale Gremien sollen auch weiter mitentscheiden, insbesondere wenn nationale Mittel benötigt werden.

Forderung nach klaren Vergleichskriterien

Das alles soll im Rahmen bestehender Verträge ins Werk gesetzt werden können. Erst "mit Blick auf die Zukunft" wollen die Kanzlerin und der Präsident eine Zusammenführung des "einheitliche Abwicklungsmechanismus" und des Schutzschirms ESM prüfen. Das würde dann tatsächlich eine Vertragsänderung nötig machen und dem ESM eine völlig neue Aufgabe zuweisen.

Hölzern klingt, was Merkel und Hollande zur oft beschworenen wirtschaftspolitische Koordinierung im Euro-Raum vorgelegt haben. Sie fordern die Formulierung klarer Vergleichskriterien. Bestimmte Politikbereiche sollen koordiniert werden, etwa Arbeitsmarkt und Rentenpolitik.

Erst in einem zweiten Schritt sollen dann auch Verfahren festgelegt werden, die diese Koordinierung ins Werk setzen. Und erst für die Zeit nach der Europawahl 2014 schlagen sie die Berufung des Vollzeitpräsidenten für die Euro-Zone vor - weshalb sich der Vorstoß angeblich nicht gegen den Amtsinhaber richtet, den Niederländer Jeroen Dijsselbloem. Dijsselbloem selbst ließ wissen, er unterstütze die Idee nicht und lehne es auch ab, das Amt hauptamtlich auszuüben.

"Kein Job, den man mal so nebenbei erledigen kann"

"Die nötige Sensibilität gegenüber den kleineren EU-Ländern habe ich hier eindeutig vermisst", rügt der Vizechef der SPD im Bundestag, Axel Schäfer, den Umgang mit dem Niederländer. Die Idee eines Vollzeit-Euro-Gruppenchefs lehnen die Sozialdemokraten allerdings nicht grundsätzlich ab. "Das ist kein Job, den man mal so nebenbei erledigen kann", sagt der SPD-Europarlamentarier Peter Simon.

Es gehe aber "nicht darum, dass wir jemanden haben, der mehr Zeit hat, sondern um die Umsetzung dessen, was wir uns vor ein paar Monaten unter dem Stichwort europäische Wirtschaftsregierung geschaffen haben." Der außerordentlich einflussreiche Chef der Euro-Gruppe bedürfe unbedingt parlamentarischer Kontrolle. Daher sei eine "nicht rein konsultative" Einbeziehung des Europaparlaments zwingend erforderlich.

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