Der Bundespräsident und die AfD:Luckes scharfer Konter

Alternative for Germany party leader Bernd Lucke speaks during news conference in Berlin

AfD-Parteichef Bernd Lucke, hier während des Wahlkampfs in Berlin, würde gern ein klärendes Gespräch mit Bundespräsident Joachim Gauck führen

(Foto: REUTERS)

Parteichef Lucke spricht von einer Entgleisung, Bundespräsident Gauck von einem Missverständnis: Er habe die AfD nicht in Verbindung mit Rechtsextremismus und Populismus gebracht. Die Euro-Kritiker reagieren trotzdem empört, weil sie genau dieses Image am meisten fürchten.

Von Stefan Braun, Berlin, und Jens Schneider, Frankfurt

Bundespräsident Joachim Gauck ist dem Eindruck entgegengetreten, er habe die Alternative für Deutschland in ein falsches Licht rücken wollen. Er widersprach mit Blick auf eine Diskussionsveranstaltung mit polnischen und deutschen Studenten in Frankfurt an der Oder vor allem der Darstellung, er habe dort seine Freude darüber zum Ausdruck gebracht, dass die Euro-kritische Alternative für Deutschland bei der Bundestagswahl am 22. September den Einzug ins Parlament verpasst hat. Gauck ließ über eine Sprecherin erklären, es handele sich dabei um eine verkürzte Darstellung und ein Missverständnis, das er bedaure.

Tatsächlich hatte das deutsche Staatsoberhaupt bei einem Treffen mit seinem polnischen Amtskollegen Bronislaw Komorowski mit Studenten an der Europa-Universität Viadrina ausführlich über Rechtsextremismus und Populismus gesprochen und sich in diesem Zusammenhang auch dankbar gezeigt, dass es in Deutschland keine populistische Partei im Parlament gebe.

Erst danach ist es in der Debatte offenbar um Euro- und Europa-skeptische Stimmungen und Parteien gegangen - und in diesem Zusammenhang hat Gauck dem Vernehmen nach über die Alternative für Deutschland gesprochen. Dabei habe Gauck auch gemahnt, die Anliegen und Sorgen, die sich in einem Erstarken der AfD ausdrückten, ernst zu nehmen.

Der Wirtschaftsprofessor und Parteichef Bernd Lucke reagierte dennoch mit scharfer Kritik auf die dortigen Aussagen Gaucks. "Ich bin erstaunt, dass sich der Bundespräsident so äußert", sagte er und sprach von einer "Entgleisung" und einem "Verstoß gegen seine Neutralitätspflichten". Lucke schlug dem Bundespräsidenten ein klärendes Gespräch vor. "Es ist nicht hinnehmbar, dass das Staatsoberhaupt Präferenzen darüber öffentlich macht, wen er im Parlament sehen möchte und wen nicht", sagte er und bezeichnete es als ein ungeschriebenes Gesetz, dass der Bundespräsident sich parteipolitisch neutral verhalte.

Die AfD-Führung betont, keine extremistischen Positionen zu dulden

Genau dagegen verstoße Gauck, wenn er eine Partei als "populistisch" herabwürdige. Lucke erklärte, dass auch dem Bundespräsidenten zugestanden werden müsse, dass er Fehler machen könne. Deshalb, so Lucke, wolle er von weiteren Schritten vorerst in der Hoffnung auf ein klärendes Gespräch absehen. "Es wäre bestimmt hilfreich, wenn ich dem Bundespräsidenten die Ziele und Grundsätze meiner Partei erläutern könnte", sagte Lucke.

Der Konflikt trifft die Führung der im Frühjahr gegründeten Partei an einer empfindlichen Stelle. Von Beginn an haben Lucke und seine Weggefährten sich Vorwürfen widersetzt, die Partei würde mit populistischen Thesen am rechten Rand Stimmen gewinnen wollen. Ein großer Teil der etwa 16.000 Mitglieder und vor allem auch der Parteispitze kommt wie Lucke aus der CDU; auch aus der CSU, der SPD, und der FDP. Auch ehemalige Grüne, Linke und Piraten zog es zur AfD.

Die Führung der AfD betonte stets, dass sie keine extremistischen Positionen dulde und Eintritte etwa aus dem rechtsextremen Lager durch genaue Prüfungen von Anträgen ausschließen wolle. "Unsere Zielgruppe sind Nichtwähler und die Wähler der etablierten Parteien", betonte Lucke. "Frühere Mitglieder von Kleinparteien an den politischen Rändern oder mit sektiererischen Ansichten sind uns nicht willkommen."

Allerdings haben in einigen Landesverbänden Anhänger von schlichten rechtspopulistischen Positionen zunehmend an Einfluss gewonnen. Vor allem seit der Bundestagswahl werden Rechtspopulisten in einigen Landesverbänden lauter vernehmbar. Dort gibt es massive interne Querelen um Posten und Ausrichtung der Partei. Dieses Problem wird inzwischen auch von der Parteispitze eingeräumt.

"Es ist besonders wichtig für uns, dass wir uns nach rechts abgrenzen", sagt etwa der stellvertretende Parteisprecher Konrad Adam. "Diese Leute machen mobil." Der Vorstand sei sich einig darin, solche Strömungen abzuwehren. In diesem Herbst hatte es Unruhe um den Eintritt früherer Mitglieder der rechten Partei "Die Freiheit" gegeben. Einige haben starken Einfluss in Landesverbänden gewonnen. Der AfD-Parteivorstand verkündete unlängst demonstrativ eine "restriktive Aufnahmepolitik".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: