Der Außenminister:Eindeutig zweideutig

Frank-Walter Steinmeiers umstrittene Aussage war länger als die zitierte "Säbelrassel"-Passage. Auffällig ist allerdings, wie lange sich sein Ministerium Zeit ließ mit einer Erläuterung. So bekamen die Worte eine besondere Wucht.

Von Robert Roßmann

Frank-Walter Steinmeier gilt nicht gerade als politischer Lieblingsfeind der Union. Die Kanzlerin schätzt ihren Außenminister, auch der Rest der CDU arbeitet sich fast nie an dem Sozialdemokraten ab. Manuela Schwesig, Heiko Maas oder Ralf Stegner bringen die Christdemokraten beinahe täglich in Rage, Steinmeier wird dagegen zumeist mit Samthandschuhen angefasst. Umso erstaunlicher sind die Angriffe, die sich der Außenminister am Montag aus der Union anhören musste. CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn attackierte Steinmeier als "Putin-Versteher". Auch CDU-Vize Volker Bouffier beklagte, dass Steinmeier ein Manöver mit Nato-Staaten in Polen als "lautes Säbelrasseln und Kriegsgeheul" bezeichnet habe. Die geringe Anzahl an Nato-Soldaten bedrohe Russland doch nun wirklich nicht, befand Bouffier. Mit der Äußerung Steinmeiers befassten sich am Montag auch Präsidium und Vorstand der CDU. Generalsekretär Peter Tauber warf dem Außenminister anschließend vor, Ursache und Wirkung zu verwechseln. "Unsere Soldaten und die Soldaten unserer Verbündeten rasseln nicht mit dem Säbel, sondern sie erfüllen ihren Auftrag für Deutschland und die Nato-Partner", sagte Tauber um kurz nach halb zwei.

Die CDU glaubt, dass der Minister ganz froh über die Aufregung ist

Die Uhrzeit ist deshalb interessant, weil Steinmeiers Sprecher bereits zwei Stunden zuvor lang und breit erklärt hatte, dass der Außenminister sich mit seinem Säbelrassel-Satz gar nicht gegen Nato-Manöver in Osteuropa ausgesprochen habe. Der Sprecher verwies darauf, dass die Bild am Sonntag, die die Debatte losgetreten hatte, nur einen Teil eines Statements veröffentlicht habe, das Steinmeier der Zeitung habe zukommen lassen. Und tatsächlich ist die Kritik des Ministers an Manövern nicht mehr so eindeutig, wenn man seine gesamte Einlassung liest: "Mit der Krim-Annexion und dem militärischen Aktivitäten in der Ost-Ukraine hat Russland bei unseren östlichen Nachbarn ein Gefühl der Bedrohung entstehen lassen", klagt auch Steinmeier. Deswegen sei es richtig gewesen, "eine gemeinsame Reaktion der Nato zu finden", die Allianz weiche ihrer "Verantwortung nicht aus". Niemand könne "den vorgesehenen Umfang der Nato-Maßnahmen als Bedrohung für Russland werten".

Diesen Beginn von Steinmeiers Statement druckte die Zeitung jedoch nicht. Sie veröffentlichte nur die folgende Passage: "Was wir jetzt allerdings nicht tun sollten, ist durch lautes Säbelrasseln und Kriegsgeheul die Lage weiter anzuheizen. Wer glaubt, mit symbolischen Panzerparaden an der Ostgrenze des Bündnisses mehr Sicherheit zu schaffen, der irrt. Wir sind gut beraten, keine Vorwände für eine neue, alte Konfrontation frei Haus zu liefern."

Steinmeiers Sprecher sagte in der Bundespressekonferenz, damit sei doch klar, dass der Minister kein Nato-Manöver abgelehnt habe. Ihm gehe es stattdessen etwa um markige Äußerungen, so hätten "Vertreter der Nato vor Ort in den baltischen Staaten" davon gesprochen, dass man einen "totalen Krieg" gegen Russland vorbereiten müsse.

Allerdings bleibt die Frage, warum das Außenministerium erst einen Tag, nachdem die BamS-Nachricht Aufregung hervorgerufen hatte, das ganze Steinmeier-Statement veröffentlichte. Nicht wenige, auch in der CDU, glauben, dass Steinmeier ganz froh über den Spin war, den seine Einlassung in den Nachrichten bekam - weil er insgeheim doch glaube, Manöver würden dem Verhältnis zu Russland unnötig schaden. Dass diese Einschätzung stimmen kann, zeigte am Montag ein Auftritt Steinmeiers in Luxemburg. Dabei sagte der Minister, er habe den Eindruck, dass die Nato derzeit zu stark auf Abschreckung setze und dabei die zweite Säule Dialog "völlig vergesse".

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