Der alte BND-Chef:Rauswurf, in Watte gepackt

Lesezeit: 2 min

Gerhard Schindler, scheidender Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND). (Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Warum Kanzleramtsminister Peter Altmaier dem bisherigen Leiter des Auslandsgeheimdienstes, Gerhard Schindler, den Stuhl vor die Tür stellt - und ihn trotzdem so sehr lobt.

Von Stefan Braun

So also läuft das, wenn einer gehen muss und alle anderen Angst vor den Folgen haben. In solchen Fällen lädt der Kanzleramtsminister in die heiligen Hallen und wählt betont freundliche Worte. Peter Altmaier beherrscht diese Kunst besonders. Das zeigt sich am Mittwoch, als er im Kanzleramt Stellung nimmt zum vorzeitigen Abschied von Gerhard Schindler. Als er seine Sicht auf die Dinge erläutert, beginnt Altmaier mit der Aussage, seine Wertschätzung für den scheidenden BND-Präsidenten sei ungebrochen. "Ich habe Herrn Schindler ausdrücklich gedankt für seine Arbeit, ich habe gut und vertrauensvoll mit ihm zusammengearbeitet." Als der 63-Jährige vor vier Jahren als Präsident ausgewählt wurde, habe er, Altmaier, das nicht auf den Weg gebracht, aber "ausdrücklich unterstützt". Altmaiers Botschaft: Schindler war gut, Schindler ist gut. Schindler hat keine übergroßen Fehler begangen. Niemand soll behaupten können, Altmaier habe was anderes zum Besten gegeben.

Nun ist es oft im Leben ebenso wichtig wie schwer, mit Anstand auseinanderzugehen, wenn sich die Wege trennen. Wenn aber die Politik einen Spitzenbeamten "in den einstweiligen Ruhestand versetzt", der qua Amt zu den größten Geheimnisträgern der Republik zählt, ist das besonders bedeutsam. Zu schmerzhaft kann es werden, wenn der Verabschiedete sich wehrt oder die Begründung anficht. Deshalb spricht der Kanzleramtsminister so durchweg freundliche Sätze und verweist außerdem darauf, dass ihm das Beamtenrecht eine Kündigung erlaubt, die keine Begründung benötigt. Tatsächlich heißt es im betreffenden Paragraf 54 des Bundesbeamtengesetzes, der Regierung sei es gestattet, einen politischen Beamten jederzeit in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Von einer Begründung ist nirgendwo die Rede. Und das hat aus Sicht der Regierenden schon seinen Charme, sie müssen nicht erklären, warum sie so entscheiden.

Dass das auch anders laufen kann, ist am Mittwoch im Kanzleramt unerwähnt geblieben. Aber man kann ahnen, dass die Erinnerung daran heftig mitschwingt. Beispiel dafür war der frühere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Er hat es, im Herbst 2009 kaum im Amt, anders gehandhabt - und dafür seine Quittung erhalten. Im Konflikt um einen höchst problematischen Militäreinsatz im afghanischen Kundus hatte er den damaligen Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und den Staatssekretär Peter Wichert rausgeworfen mit der Begründung, die beiden hätten ihm Informationen vorenthalten. Guttenberg wollte besonders entschlossen wirken. Und er erntete den Widerspruch der Entlassenen, erst in den Medien, dann in einem Untersuchungsausschuss. Am Ende blieben Zweifel, die der Minister nicht mehr loswurde.

All das will der Kanzleramtsminister vermeiden. Er ist zwar tief davon überzeugt, dass der BND auch an der Spitze einen Neuanfang benötigt. Aber Streit jetzt würde nur stören, da der BND im großen Stil umgebaut wird. Altmaier spricht selbst von einer "Herkulesaufgabe". Also wiederholt er lieber sein Mantra, er habe mit Schindler vertrauensvoll zusammengearbeitet. Das könne man daran erkennen, dass "er noch zwei Monate im Amt ist".

© SZ vom 28.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: