Denkmal für den Mauerfall:Traute Einheit

18 Jahre nach dem Mauerfall verständigen sich Union und SPD auf ein Denkmal für den denkwürdigen 9. November 1989.

Constanze von Bullion

Das Denkmal ist ein Blickfang, groß und schwungvoll. Es soll vor dem wiederaufgebauten Stadtschloss in Berlin stehen. Seine Form erinnert an einen in zwei Teile zerbrochenen Ehering - so, als sei da eine Beziehung zu Bruch gegangen. Wer sie kitten will, muss sich in Bewegung setzen, muss um das Denkmal herumlaufen, mal nach Osten und mal nach Westen schauen, bis sich die beiden Hälften des Rings vor seinen Augen zu einem Kreis zusammenfügen. Schlichte Form, klare Botschaft - so könnte das Freiheits- und Einheitsdenkmal aussehen, das in Berlin entstehen soll. Eine Studentin aus Karlsruhe hat es entworfen, sie hat damit einen Wettbewerb der Stiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur gewonnen. Es spricht nichts gegen ihre Idee, die aber wohl nie verwirklicht werden wird.

Denkmal für den Mauerfall: Und plötzlich standen alle oben: der Mauerfall am 9. November 1989

Und plötzlich standen alle oben: der Mauerfall am 9. November 1989

(Foto: Foto: dpa)

Es ist nicht die Stiftung Aufarbeitung, sondern der Bundestag, der darüber befindet, ob und wie in Berlin der friedlichen Revolution von 1989 gedacht wird. Dass ein Denkmal kommen soll, steht so gut wie fest, am 9. November will das Parlament über einen gemeinsamen Antrag der Regierungsparteien abstimmen. Union und SPD wünschen sich eine Stätte, die an den Mauerfall und die "Wiedergewinnung der staatlichen Einheit Deutschlands" erinnert. Wie es aussehen soll, ist dagegen noch offen, und am Ende wird vermutlich ein Architektenwettbewerb entscheiden.

Schon wieder ein Denkmal, maulen viele Berliner, die nicht so recht verstehen wollen, warum es neben all den Mahnmalen für Nazi-Opfer, SED-Verfolgte, Kriegstote und Heimatvertriebene jetzt auch noch ein Denkmal für etwas geben soll, was in der Hauptstadt offenbar nicht jeder empfindet: Freude darüber, dass Ost und West zusammengefunden haben. Ein Denkmal-Gegner hat ins Feld geführt, der Jubel von 1989 lasse sich sowieso nicht wiederbeleben, und schon gar nicht in Stahl gießen und aufs Podest heben. Das zeigten doch die verstaubten Denkmäler für Befreiungskriege und sonstige Triumphe, die heute keinen mehr interessierten - vom Brandenburger Tor mal abgesehen.

Auch in der SPD des Willy Brandt tat man sich lange schwer mit einem solchen Denkmal. Allein schon, weil die Idee von Konservativen stammte: vom letzten DDR-Ministerpräsidenten Lothar de Maizière und Ex-Bürgerrechtler Günter Nooke, beide CDU. Am 9. November 2001 stimmten SPD und PDS im Bundestag deren Vorschlag eines Gedenkorts gemeinsam nieder. Sie stellten sich damit auch gegen Sozialdemokraten wie den ostdeutschen Theologen Richard Schröder. Was die Genossen antrieb, war diffuses Unbehagen über eine Stätte, die auch eine nationale Komponente haben sollte.

Wenn der sozialdemokratische Gedenkmeister Wolfgang Thierse sich jetzt dafür engagiert, das Denkmal zu bauen, und zwar 2009 und auf dem ehemaligen Schlossplatz, dann zeigt das, wie sich das politische Berlin entkrampft. Schloss plus Nationaldenkmal - vor ein paar Jahren war das alles Pfui für einen gestandenen Linken. Nun geht es nur um ein Denkmal mehr oder weniger. Und um die Frage, ob es in Berlin stehen muss.

Verkehrs- und Ost-Minister Wolfgang Tiefensee (SPD) hat angeregt, auch in seiner Heimatstadt Leipzig an die Revolution von 1989 zu erinnern. Schließlich wurde dort das Ende der DDR eingeläutet. Andere wollen den Blick noch weiter öffnen, bis nach Ungarn, Polen oder Moskau. Wenn das gelingt, dann beginnt demnächst die Globalisierung des Gedenkens. Mitten in Berlin.

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