Demonstrationen in Wuppertal:Bis den Hooligans das Bier ausgeht

Mehrere Demos von Extremisten in Wuppertal - Hogesa, Pegida

Etwas ratlos stehen die Hogesa-Mitglieder im Polizeikessel.

(Foto: dpa)

Pegida, Hooligans, Salafisten: Tausende wollten in Wuppertal auf die Straße gehen und für ihre jeweilige Sache demonstrieren. Nach Köln, Düsseldorf und Duisburg geraten aber auch diese Protestmärsche zur dürftigen Veranstaltung.

Von Bernd Dörries, Wuppertal

Es war als eine Art Entscheidungskampf um das Abendland angekündigt. Ausgetragen in der Wuppertaler Innenstadt. Dort hatten sie sich für Samstagnachmittag verabredet. Auf der einen Seite die Leute von Pegida, die mal wieder das Abendland verteidigen wollten und dabei von den Hooligans gegen Salafisten unterstützt wurden. Auf der anderen Seite die Salafisten um den Hassprediger Sven Lau, die die Werte des Westens für verloren und verdorben halten. Dazwischen mehr als tausend Polizisten und eine ziemliche Bandbreite an Gegendemonstranten.

Pegida und die Salafisten hatten vor den Demonstrationen in den sozialen Netzwerken die jeweils eigene Überlegenheit verbreitet, wie vor einem Boxkampf auf dicke Hose gemacht, die Muskeln spielen lassen.

Das Ergebnis war dann ziemlich jämmerlich. Auf dem Willy-Brandt-Platz stehen am Samstagnachmittag etwa 100 junge Männer mit langen Bärten und warten darauf, dass der Prediger Sven Lau die Mikroanlage in Gang bekommt, die er eigentlich gar nicht bräuchte, so wenig Leute sind gekommen. Mehr als 400 Teilnehmer hatte Lau erwartet. Vielleicht ist sie vorbei, die Zeit der Prediger.

Vor allem ältere Herren mit Tätowierungen und Kapuzenpullis

Die große Zeit von Pegida hat im Westen der Republik nie richtig begonnen. Die Märsche in Köln, Düsseldorf und Duisburg waren so dürftige Ansammlungen, dass sie bald wieder eingeschlafen sind. Nun also Wuppertal, die Hochburg der Salafisten. Wo, wenn nicht hier, sollte es klappen für Pegida?

Gründer Lutz Bachmann ist extra angereist, spricht von der Bühne eines kleinen LKW. Vor ihm stehen aber nicht eben viele der selbst ernannten besorgten Bürger, die Pegida hinter sich zu wissen glaubt. Sondern vor allem etwas verlebt aussehende ältere Herren mit Tätowierungen und "Hooligans gegen Salafisten"-Kapuzenpullis.

Die abgekürzt Hogesa genannte Gruppe hatte in Köln vor einigen Monaten fast 5000 Leute versammelt und die Polizei überrannt. Danach war es aber genauso schnell wieder bergab gegangen, hatte man sich über die Merchandising-Rechte für T-Shirts und Kaffeetassen mit dem Hogesa-Logo zerstritten.

Großer Entscheidungskampf mit zwei Verlierern

Vielleicht 500 Leute sind nun zur Pegida/Hogesa-Demonstration gekommen - ein Viertel der erwarteten 2000 Teilnehmer. Ein Spaziergang ist geplant, der sie auch in die Nähe der Salafisten führen soll. Die Polizei sagt den Marsch dann aber ab, weil es von den Demonstranten Gewaltätigkeiten gegeben habe.

Die Hools stehen jetzt ziemlich ratlos in einem Polizeikessel, Bier gibt es keines mehr, weil die Wuppertaler Innenstadt zu großen Teilen geschlossen hat. Ein paar Hools klopfen bei einem chinesischen Restaurant und fragen nach Bier. Die Eigentümerin hat aber keine Lust, an jene auszuschenken, die sie aus dem Land treiben wollen.

"Deutschland den Deutschen, Ausländer raus", grölt die Menge, Böller fliegen, es gibt Rangeleien mit der Polizei. "Die Polizei ist nicht unser Gegner, macht nicht kaputt, was wir uns aufgebaut haben", schreit Bachmann ins Mikrofon. Die Hools finden aber durchaus, dass die Polizei ein angemessener Gegner ist. Zumindest der einzig im Moment greifbare.

Leistungsschau des Rechtsstaates

Ansonsten ist Wuppertal eine leere Stadt. Es wirkt so, als habe die Polizei die Bewohner gebeten, doch bitte bei Verwandten unterzukommen. Ganze Straßenzüge sind leer, die großen Kaufhäuser haben keinen einzigen Kunden. Innenminister Ralf Jäger wollte um jeden Preis ein erneutes Debakel vermeiden, wie damals in Köln, als die Polizei überrannt wurde. Diesmal wurde das ganz große Besteck aufgefahren, ein halbes Dutzend Wasserwerfer, hunderte Fahrzeuge, berittene Polizei. Eine Leistungsschau des Rechtstaates.

Vor dem Willy Brandt-Platz hat die Polizei ein kleines Zelt aufgebaut, in dem die paar wenigen Salafisten nach Waffen durchsucht werden. "Das machen die nur bei Muslimen", beschwert sich Sven Lau auf der Bühne. Was nicht stimmt, auch die Hooligans wurden durchsucht.

Es ist erstaunlich, wie sehr sich beide Gruppen brauchen. Wie sehr beide Lager ein klares Feindbild benötigen, um sich an etwas abzuarbeiten, eine klare Front zu schaffen. Um die Enttäuschung vergessen zu machen, wie wenig Anhänger an diesem Samstag gekommen sind. Der große Entscheidungskampf um das Abendland hat zwei klare Verlierer gefunden. Pegida und Salafisten. "Wir werden als Hinterwäldler dargestellt", beklagt sich Sven Lau. Er hält eine Predigt, die nicht einmal die eigenen Leute vom Hocker reist. Die einen fangen in einer Ecke auf dem Boden an zu beten. Die anderen reden über ihre neuen Turnschuhe. Nike - aus dem Land des Satans.

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