Demokraten:Der Parteifreund als Pfahl im Fleisch

US Wahlkampf

SZ-Grafik; Quelle: realclearpolitics

Hillary Clinton ist auf dem sicheren Weg zur Kandidatur der Demokraten, aber sie leidet unter Bernie Sanders.

Von Sacha Batthyany, Washington

Im Wirbel um die Erfolge von Donald Trump wäre beinahe untergegangen, dass Bernie Sanders bei den Demokraten der Favoritin Hillary Clinton erneut einen Schlag zugefügt hat. Die Nominierung bei den Demokraten ist Clinton zwar faktisch nicht mehr zu nehmen. Doch der Weg zur Kandidatur, der als politischer Sonntagsspaziergang begonnen hatte, ist für die ehemalige Außenministerin zu einer mühsamen Wanderung durch dornenreiches Gestrüpp geworden.

Denn Sanders ist es in wenigen Monaten seines Vorwahlkampfs gelungen, den Diskurs unter den Demokraten zu prägen. Er bestimmte die Agenda und riss Clinton politisch weiter nach links. Sanders ist zu verdanken, dass das Land nun über soziale Ungerechtigkeit debattiert und über Wallstreet-Banker lästert, wie seit Occupy-Zeiten nicht mehr.

Vor allem aber hat es der Senator aus Vermont geschafft, Begeisterung auszulösen. Clinton hat mehr Stimmen geholt und mehr Staaten gewonnen, aber bei den jüngeren Wählern war Sanders landesweit der Erfolgreichere. "Es zeigt mir", wiederholte er nach seinem Sieg in Indiana, "dass meine Botschaften richtig sind. Denn mir geht es um die Zukunft dieses Landes und die Zukunft der Demokratischen Partei."

Sanders, der als krasser Außenseiter begann, betont in seinen Reden zwar zu Recht, wie viel er in kurzer Zeit erreicht hat und wie weit er gekommen ist. Doch er muss sich fragen, wie lange er noch weitermacht. Rein mathematisch kann er Clinton nicht mehr einholen. Aber er kann ihr schaden. "Jede Minute länger, jede weitere seiner Attacken auf Hillary Clinton hilft am Ende nur den Republikanern. Und seit dieser Woche wissen wir auch wem: Donald Trump", sagte Senatorin Claire McCaskill aus Missouri. Sie sprach damit an, wovor sich viele Demokraten fürchten: dass "Bernie", wie er von seinen eigenen Fans genannt wird, die Partei spaltet, statt sie zu vereinen.

"Sanders hat in seinem Wahlkampf wiederholt darauf hingewiesen, es gehe ihm nicht um seine Person, sondern nur um die Sache. Jetzt sollte er seine persönlichen Ambitionen zurückstellen", so Senatorin McCaskill. Doch Sanders denkt gar nicht dran. Seine Wahlkampfkasse ist voll, er hat Chancen, auch in West Virginia, Oregon und Kentucky zu gewinnen.

"Meine Kandidatur mobilisiert Millionen neue Wähler, die uns Demokraten helfen werden im Herbst", antwortete Sanders auf die Vorwürfe, er würde der eigenen Partei schaden: "Wenn Hillary Clinton und das Partei-Establishment davon ausgehen, dass ich mich aus dem Rennen ums Weiße Haus zurückziehe, dann habe ich schlechte Neuigkeiten für sie."

"Sein Verbleib muss nicht automatisch Schlechtes für die Partei bedeuten", stimmt ihm der Wahlstratege David Axelrod zu. "Indem er Clinton politisch nach links zieht, verpasst er ihr ein Profil, das sich stärker von Donald Trump unterscheidet." Es komme darauf an, wie sich Sanders in den kommenden Wochen verhalte. "Clinton weiterhin persönlich zu attackieren, wie zuletzt, ist eine schlechte Strategie. Sanders wird wahrscheinlich versuchen, sich als wahre Alternative zu Trump zu positionieren." Die wichtigsten Themen seien Immigration und die Waffengesetze.

Clinton wiederum kann die Niederlage in Indiana verschmerzen, "die Nominierung ist in Sichtweite", verkündete sie schon vor Wochen. Auch wenn Sanders ein paar weitere Staaten gewinnt, folgt am Ende Kalifornien. Dort geht es um viele Delegiertenstimmen, dort wird sie gemäß Prognosen gut abschneiden. Clintons Wahlkampfzentrale in Brooklyn, so hieß es, sei längst auf den Kampf gegen Trump fixiert.

Interessant wird sein, für welchen Weg sich die Ex-Außenministerin entscheidet. Wird sie sich von den linken Positionen wieder abwenden, um sich als Zentristin gegen den New Yorker Immobilienspekulanten zu behaupten? Sie weiß, dass sie dann progressive Wähler und Sanders-Anhänger verprellt. Oder bleibt sie ihrem Kurs treu? Dann aber kann sie frustrierte Anti-Trump-Republikaner nur schwer auf ihre Seite ziehen.

Und wie soll sie auf die Schmähreden reagieren, auf die auch gestandene Republikaner im Wettbewerb mit Trump kein Gegenmittel fanden? Jüngst etwa behauptete Trump allen Ernstes, Ted Cruz' Vater habe in Verbindung zu Lee Harvey Oswald gestanden, dem mutmaßlichen Mörder von Präsident John F. Kennedy.

Falls Clinton gegen Trump antritt - und dafür spricht alles -, stehen sich zwei äußerst unpopuläre Kandidaten gegenüber, die zwar über eine solide Anhängerschaft verfügen, aber eben auch auf vehemente Ablehnung nicht nur im gegnerischen Lager stoßen. Der Wahlkampf 2016, der so schrill begann, wird im selben Stil weitergehen.

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