Delegation in Syrien:Arabische Liga verzichtet auf weitere Beobachter

Angesichts der Gewalt in Syrien will die Arabische Liga ihre Delegation nicht weiter aufzustocken. Vorerst. Zwei Beobachter halten die Mission bereits jetzt schon für gescheitert und kündigen ihren Rückzug an. Der Algerier Malik wirft Damaskus vor, auch Kinder zu töten.

Innerhalb der Beobachterdelegation der Arabischen Liga in Syrien wächst offenbar der Unmut: Bereits am Mittwoch hatte sich der algerische Beobachter Anwar Malik unter Protest zurückgezogen. Er sagte dem arabischen Nachrichtensender al-Dschasira, die Beobachter gäben Assad die Gelegenheit, das Morden weiter fortzusetzen. Es würden auch Kinder getötet. Das Regime in Damaskus unterstütze die Mission nicht, es versuche, die Delegierten zu täuschen. Die Demonstrationen der Regimegegner seien friedlich.

Delegation in Syrien: Die orangene Weste kennzeichnet die Beobachter der Arabischen Liga: Dieser Screenshot eines Amateurvideos, bereitgestellt von syrischen Aktivisten, soll Aufständische zeigen, die gegen die Delegation protestieren.

Die orangene Weste kennzeichnet die Beobachter der Arabischen Liga: Dieser Screenshot eines Amateurvideos, bereitgestellt von syrischen Aktivisten, soll Aufständische zeigen, die gegen die Delegation protestieren.

(Foto: AP)

Nun erklärte der Nachrichtenagentur Reuters zufolge ein weiterer Beobachter, dass auch er das Land verlassen wolle: "Die Mission ist unklar, sie dient nicht der Bevölkerung, sie nützt überhaupt nichts", sagte der Mann, der namentlich nicht genannt werden wollte. Er wolle am Freitag versuchen, das Land zu verlassen. Er stimme seinem Kollegen Malik zu, dass das Vorhaben gescheitert sei.

Die Arabische Liga hat nun angekündigt, vorerst keine Beobachter mehr in das Land zu schicken. Zunächst solle abgewartet werden, bis sich die Lage beruhige, sagte ein Vertreter des Staatenbundes, der namentlich nicht genannt werden wollte. Eigentlich hätte Ende der Woche ein neues Team in das Land reisen sollen. Doch zunächst müssten die Hintergründe der jüngsten Übergriffe geklärt werden, hieß es zur Begründung. Bei einem Angriff auf ein Beobachter-Team waren am Montag in der Region von Lattakia drei Mitglieder verletzt worden.

Die Delegation der Arabischen Liga ist seit Dezember in Syrien. Ihr Ziel ist es, die Gewalt zu beenden sowie den Abzug der Truppen aus den Städten und die Freilassung politischer Gefangener zu überwachen. Da das Blutvergießen in Syrien aber unvermindert weiterging, wird der Einsatz von der Opposition kritisiert.

Knapp zehn Monate nach Beginn der Proteste gegen Präsident Baschar al-Assad wurde am Mittwoch erstmals ein westlicher Journalist in Syrien getötet. Der Franzose Gilles Jacquier, langjähriger Kriegsberichterstatter des Fernsehsenders France 2, starb nach syrischen Regierungsangaben durch Granatsplitter. Er gehörte zu einer Gruppe von ausländischen Reportern, die auf Einladung der Regierung an einer Demonstration von Regimeanhängern teilgenommen hatte. Die syrische Nachrichtenagentur Sana meldete, bei den Tätern handele es sich um "bewaffnete Terroristen". Das ist die seit Monaten gängige Bezeichnung des Regimes für die Protestbewegung. Aktivisten aus Homs erklärten dagegen am Abend, die Attacke sei von regimetreuen Truppen ausgegangen.

Syrien hatte monatelang westlichen Korrespondenten die Berichterstattung verweigert. Wegen der fortwährenden Kritik lockerte das Regime in den vergangenen Wochen die Medienblockade. Allerdings dürfen westliche Journalisten nicht frei durch Syrien reisen.

Assad tauchte am Mittwoch kurz und unangekündigt auf einer Kundgebung von Anhängern in der Hauptstadt Damaskus auf. Den Tausenden von Demonstranten rief er zu, der Sieg der Syrer über die ausländischen "Verschwörer" stehe bald bevor. Unterdessen werden die Gefechte zwischen den Sicherheitskräften und den Regimegegnern intensiver, da immer mehr Soldaten desertieren: Die sogenannten Revolutionskomitees meldeten am Donnerstag heftige Kämpfe zwischen Truppen der Armee und der "Freien Syrischen Armee" in der Stadt Deir as-Saur.

USA ziehen Personal ab, Russland und Iran liefern weiter Waffen

Die USA ziehen inzwischen immer mehr Botschaftspersonal aus Damaskus ab. Mehrere Angestellte seien aus Sicherheitsgründen zum Verlassen des Landes aufgefordert worden, teilte das Außenministerium mit. In Syrien lebende Amerikaner sollten das Land umgehend verlassen. Außerdem wurde eine Reisewarnung für Syrien verhängt.

US-Außenministerin Hillary Clinton deutete an, dass der Beobachtereinsatz nicht unbegrenzt fortgesetzt werden könne. "Wir können Assad und seinem Regime keine Straffreiheit zugestehen", sagte sie. Die USA wollten nun den Schlussbericht der Delegation abwarten, wenn deren Mandat am 19. Januar ausläuft.

Die Bundesregierung machte sich am Mittwoch erneut dafür stark, dass der UN-Sicherheitsrat eine Resolution zu Syrien verabschiedet. Derweil ignorieren Russland und Iran ein Waffenembargo des Westens und liefern weiter Militärmaterial an das syrische Regime. Vor der Küste Zyperns wurde ein Schiff gestoppt, das 60 Tonnen Munition aus Russland nach Syrien bringen sollte. Russland ist neben Iran der wichtigste Verbündete des Assad-Regimes. Die Türkei hielt an der Grenze zu Syrien verdächtige Lastwagen aus Iran auf, die nach Berichten lokaler Medien mit Waffen beladen waren.

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