Debatte um Zuwanderer aus EU-Ländern:CSU steht allein da

Zuwanderung-Karte Bundesländer

Zahl der in Deutschland lebenden bulgarischen und rumänischen Staatsangehörigen. Klicken Sie in die Karte, um zu einer größeren Ansicht zu gelangen.

(Foto: SZ)

Schärfere Regeln gegen Armutszuwanderer aus Bulgarien und Rumänien, das fordert die CSU. Davon will die Bundesregierung allerdings nichts wissen. Das Arbeitsministerium empfiehlt den Christsozialen einen "nüchternen Blick auf die Zahlen". CSU-Chef Seehofer fühlt sich ungerecht behandelt: "Wenn die CSU was sagt, ist das plötzlich Rechtspopulismus."

Von Roland Preuß und Mike Szymanski

Die Bundesregierung plant vorerst keine neuen Regeln für den Bezug von Sozialleistungen durch Zuwanderer aus EU-Ländern. Man werde die Entwicklung nach dem 1. Januar zunächst abwarten, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Die Freizügigkeit gehöre zu den "zentralen europäischen Errungenschaften".

Ähnlich äußerte sich eine Sprecherin des SPD-geführten Bundesarbeitsministeriums. In der Debatte um Armutszuwanderung helfe ein "nüchterner Blick auf die Zahlen". Die Quoten bei Arbeitslosigkeit und Sozialbezügen der in Deutschland lebenden Rumänen und Bulgaren lägen unter dem Durchschnitt der hier lebenden Ausländer. Beide stellten sich damit gegen die CSU. Sie fordert weiter schärfere Regeln gegen Armutszuwanderer aus Bulgarien und Rumänien.

Die Bürger beider Länder genießen vom 1. Januar nächsten Jahres an die volle Freizügigkeit in Deutschland und können sich damit ohne Genehmigung als Arbeitnehmer bewerben. Insbesondere gering Qualifizierte können so leichter nach einer Stelle suchen, eine geringfügige Beschäftigung aufnehmen und dann aufstockende Sozialleistungen beantragen.

CSU-Chef Horst Seehofer verteidigte den Vorstoß seiner Berliner Landesgruppe: "Uns muss niemand aufklären über die humanitäre Verpflichtung, da sind wir immer voll an der Spitze dabei." Zudem sei die Forderung voll durch den mit CDU und SPD geschlossenen Koalitionsvertrag gedeckt, die entsprechenden Passagen könne er jederzeit vortragen. "Da steht exakt das drin, worum es in den letzten Stunden und Tagen geht." Er vermisse hier gewisse Differenziertheit. "Wenn es alle machen, ist es state of the art, wenn die CSU was sagt, ist das plötzlich Rechtspopulismus."

"Ich würde diese Wortwahl nicht wählen"

Dagegen ging der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet auf Distanz zum CSU-Vorstoß. Dies sei ein CSU-Papier, das sich die CDU nicht zu eigen gemacht habe, sagte Laschet im Deutschlandfunk. "Ich würde diese Wortwahl nicht wählen." Man solle sachlich über die Probleme reden. Die Mehrheit der Deutschen wisse, dass Migration angesichts der alternden Gesellschaft und des Fachkräftemangels nötig sei.

"Unruhe in der Bevölkerung"

Parteikonvent der CSU

Mit erhobenem Zeigefinger: Horst Seehofer will schärfere Regeln gegen Armutszuwanderung aus Osteuropa. Damit steht er aktuell ziemlich allein da.

(Foto: dpa)

Laschet war früher Integrationsminister in Nordrhein-Westfalen. Die stellvertretende SPD-Chefin Aydan Özoğuz griff den neuen Koalitionspartner CSU erneut an. In manchen Städten wie etwa Dortmund oder Duisburg gebe es große Armutszuwanderung, sagte sie im Bayerischen Rundfunk.

Es herrsche "Unruhe in der Bevölkerung". Diesen Kommunen müsse schneller und unbürokratischer finanzielle Hilfe zur Verfügung gestellt werden. "Und es war nun ausgerechnet die CSU, die dies auf gar keinen Fall wollte", sagte Özoğuz. Bayerns Innenminister Herrmann (CSU) wies die SPD-Kritik zurück. "Über die Konsequenzen der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU müssen wir ernsthaft und sachlich diskutieren."

Die Zuwanderung in die Sozialsysteme sei unübersehbar und werde voraussichtlich weiter zunehmen. "Auch die SPD muss einsehen: Da kommt ein Riesenproblem auf uns zu, das nicht auf dem Rücken der deutschen Steuerzahler und Rentner ausgetragen werden darf", sagte er.

Neuen Zahlen des Bundesarbeitsministeriums zufolge haben sich die meisten Rumänen, die nach Deutschland gezogen sind, in Bayern niedergelassen (siehe Grafik). Die meisten Bulgaren leben in Nordrhein-Westfalen, gefolgt von Bayern. Offenbar gehen die EU-Zuwanderer vor allem dahin, wo es Arbeit gibt.

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