Debatte um Verschärfung des Jugendstrafrechts:SPD und Juristenverbände bremsen Union aus

Die Konservativen stoßen mit ihrer Forderung nach einem verschärften Jugendstrafrecht auf Widerstand: Der Richterbund bezeichnet die Diskussion als "überflüssig", der Deutsche Anwaltsverein spricht gar von "reinem Populismus".

Am Mittwochabend hatte CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer in den ARD-Tagesthemen die bisherigen Mittel des Jugendstrafrechts als unwirksam bezeichnet. Nun regt sich Widerstand von juristischer Seite: Der Deutsche Richterbund kritisierte die Debatte über ein härteres Jugendstrafrecht als überflüssig.

Debatte um Verschärfung des Jugendstrafrechts: "Einfach wegsperren ist nie die angemessene Reaktion."

"Einfach wegsperren ist nie die angemessene Reaktion."

(Foto: Foto: ddp)

In der Neuen Osnabrücker Zeitung erklärte der Vorsitzende des Richterbundes, Christoph Frank: "Die Diskussion gaukelt den Menschen Zusammenhänge vor, die es nicht gibt. Die Formel härtere Strafen gleich höhere Abschreckung gleich weniger Straftaten ist schlicht falsch."

Die Politik erliege hier erneut der Versuchung, Fragen des Strafrechts für schnelle und plakative Botschaften zu missbrauchen, kritisierte der Oberstaatsanwalt. "Das Thema ist aber viel zu ernst, um vor Wahlen immer wieder instrumentalisiert zu werden." Das gesetzliche Instrumentarium für den Umgang mit straffälligen Jugendlichen sei absolut ausreichend.

Defizite gebe es vielmehr im Bereich der kommunalen Erziehungsangebote für Straftäter: "Jugendgerichte können die gesetzlichen Instrumente nicht vollständig nutzen, weil es in den Gemeinden oft an Personal und Maßnahmen fehlt, die sich um straffällige Jugendliche kümmern", erklärte Frank.

Als "reinen Populismus" bezeichnete der Deutsche Anwaltsverein (DAV) Forderungen, das Jugendstrafrecht zu verschärfen. Die Vorsitzende der Arbeitsgruppe Familienrecht im DAV, Ingeborg Rakete-Dombek, sagte der Frankfurter Rundschau, "solche Patentrezepte ganz kurz vor Wahlen zu äußern", fördere die Glaubwürdigkeit von Politik nicht gerade.

"Diese Reaktion auf den Vorfall von München ist unangemessen", sagte die Juristin. "Einfach wegsperren ist nie die angemessene Reaktion", fügte Rakete-Dombek hinzu. Sie verwies darauf, dass sich unter den Gewalttätern auch viele deutsche Jugendliche befänden. "Wir sollten uns besser fragen: Was ist mit unserer Jugend los?"

Eine politische Umsetzung der Unionsforderungen wäre derzeit sowieso nicht möglich: Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz sagte den Ruhr Nachrichten: "Unser rechtliches Instrumentarium ist völlig ausreichend."

Es handele sich um eine Scheindebatte, die nach den Landtagswahlen schnell wieder beendet sein werde. Mit den Sozialdemokraten werde es keine Verschärfung des Jugendstrafrechts geben, bekräftigte der SPD-Politiker.

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