Debatte um politisch korrekte Straßennamen:Straßenkampf in Münster

Hindenburgplatz? Elsäßer Weg? Skagerrakstraße? Seit zwei Jahren wird in der Universitätsstadt Münster debattiert, welche Namen Straßen und Plätze eigentlich tragen dürfen. Eine Historikerkommission hat nun mehrere Umbenennungen empfohlen. Doch immer noch wird hitzig debattiert.

Bernd Dörries

Einfach haben sie es sich nicht gemacht in Münster. Man kann schon fast von einem Straßenkampf sprechen. Historikerkommissionen haben getagt, Ausstellungen wurden organisiert, die Bürger befragt und in den Archiven wurde nachgeforscht.

Straße für Straße sind sie in Münster durchgegangen mit der Frage, ob mit deren Namen Menschen eine Ehre erwiesen wird, die im Nationalsozialismus eine Rolle gespielt haben, die womöglich nicht ehrenhaft war. Ob etwa der Hindenburgplatz noch so heißen dürfe? Ob vielleicht auch die Danziger Freiheit schon des Guten zu viel sei? Diese Diskussion gab es in vielen Städten Deutschlands, aber an kaum einem anderen Ort wurde sie mit solch einer Heftigkeit geführt wie in Münster.

Seit zwei Jahren nun wird in Münster debattiert, eine Historikerkommission hat elf strittige Straßennamen identifiziert und acht zur Umbenennung empfohlen: Der nach dem Reichspräsidenten Paul von Hindenburg benannte Platz und der Jöttenweg sind darunter. Karl Wilhelm Jötten schrieb die theoretische Begründung für die Rassengesetze der Nazis mit. Auf dem Straßenschild in Münster firmiert er lediglich als "Direktor des Hygienischen Instituts der Universität Münster. Staublungenforscher."

Andere Empfehlungen sind auf Widerstand gestoßen: So halten Heimatverbände die Ächtung des Schriftstellers Hermann Stehr wegen seiner Verwicklung in die Bücherverbrennungen für ungerecht. Andere wollten auch Namen tilgen, die an große Schlachten erinnern oder Gebietsansprüche deutlich machten. Den Elsäßer Weg, die Tannenberg- und Skagerrakstraße. Manche Bürger gaben zu bedenken, dass die Benennung eine historische Realität spiegele, derer man sich erinnern sollte, anstatt sie zu tilgen.

Am Mittwochabend kamen 350 Bürger zu einer Diskussion, die halbe Stadt scheint mittlerweile eine Art historisches Seminar zu sein. Der Rat soll nun am 21. März über die Zukunft des Hindenburgplatzes entscheiden, den die Münsteraner stolz für den mindestens zweitgrößten innerstädtischen Platz Europas halten, der im Alltag aber vor allem als Parkplatz dient. "Hindenburg war kein Vorbild", sagt Oberbürgermeister Markus Lewe. Und das sieht auch die Mehrzahl der von der Stadt befragten Bürger so: 48 Prozent sind gegen Hindenburg, 35 für ihn. Neu- oder Schlossplatz könnte er in Zukunft heißen und damit im Trend liegen. Forscher haben bei der Straßenbenennung eine Entpolitisierung festgestellt. Beliebt sind mittlerweile vor allem Singvögel.

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