Debatte um Lehrer aus der Türkei:"Selber nicht in die deutsche Gesellschaft integriert"

Der türkische Premier Erdogan fordert mehr türkische Schulen und Unis in Deutschland. Professorin Emel Huber bildet an der Uni Duisburg-Essen seit vielen Jahren Türkischlehrer aus - dennoch hält sie von Erdogans Vorschlag wenig.

Kata Kottra

Die Sprachwissenschaftlerin Emel Huber wurde in Istanbul geboren, dort begann auch ihre Hochschullaufbahn. Seit 1996 lehrt sie an der Universität Duisburg-Essen, wo sie den ersten Studiengang für Türkischlehrer in Deutschland aufbaute. Mehr als 350 Türkischlehrer, die hier studiert haben, arbeiten inzwischen an deutschen Schulen.

Debatte um Lehrer aus der Türkei: Türkische Schüler in Deutschland: Geht es nach Premier Erdogan, sollen sie künftig auch in Deutschland von mehr türkischen Lehrern unterrichtet werden.

Türkische Schüler in Deutschland: Geht es nach Premier Erdogan, sollen sie künftig auch in Deutschland von mehr türkischen Lehrern unterrichtet werden.

(Foto: Foto: ddp)

sueddeutsche.de: Der türkische Ministerpräsident Erdogan hat sich für mehr türkische Schulen und Universitäten in Deutschland ausgesprochen. Dazu will er Lehrer aus der Türkei nach Deutschland schicken. Was halten Sie von seiner Idee?

Emel Huber: Ich finde es nicht richtig, Lehrer aus der Türkei in Deutschland einzusetzen. Sie kennen die deutsche Sprache und Kultur nicht und sind selber nicht in die deutsche Gesellschaft integriert. Viel sinnvoller fände ich es, deutsch-türkische Schulen zu gründen, an denen in Deutschland ausgebildete Lehrer arbeiten.

Der Staat finanziert ja bereits deutsch-englische und deutsch-französische Europaschulen. Warum sollte er nicht auch deutsch-türkische Schulen unterstützen?

sueddeutsche.de: Welche Vorteile hätten solche Schulen?

Huber: Dort würden Kinder wirklich mehrsprachig erzogen. Deutsch ist die Grundlage, an Englisch kommt heute niemand mehr vorbei. Und wenn einige Schüler eine dritte Sprache von zu Hause mitbringen, ist es sinnvoll, dass sie diese Sprache auch vernünftig lesen und schreiben lernen. Dann können sie dreisprachig in den Arbeitsmarkt starten.

sueddeutsche.de: Wo landen die Absolventen, die bei Ihnen Türkisch auf Lehramt studiert haben?

Huber: Viele Türkischlehrer bleiben in Nordrhein-Westfalen, aber wir haben auch Anfragen aus Berlin, Hamburg und München. Prinzipiell können unsere Absolventen an Haupt- und Gesamtschulen sowie an Gymnasien Türkisch lehren. In der Regel unterrichten sie es als zweite oder dritte Fremdsprache, an manchen Schulen auch als Abiturfach. An private türkische Schulen, wie Erdogan sie sich vorstellt, kommen unsere Absolventen in der Regel nicht.

sueddeutsche.de: Können Ihre Absolventen später auch besser mit türkischen Schülern umgehen?

Huber: Unsere Absolventen sind in zwei Kulturen und mit zwei Sprachen daheim. Alle Migrantenkinder - nicht nur solche mit türkischem Hintergrund - lieben sie, weil sie ihnen ein Vorbild sind und zeigen, dass auch sie es schaffen können.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: