Debatte um Kölner Urteil:Israels Vize-Premier setzt Beschneidungsurteil mit "Juden raus" gleich

Als "Skandal" bezeichnet der israelische Vize-Premier Silvan Schalom die Versuche, religiöse Bescheidung in Deutschland zu verbieten. Ihm zufolge untersagt das Kölner Gerichtsurteil einen wichtigen Teil des jüdischen Lebens. Die Europäische Rabbinerkonferenz sieht die Juden in Deutschland an einem Scheideweg.

Israels stellvertretender Premierminister Silvan Schalom hat davor gewarnt, die religiöse Beschneidung von Jungen in Deutschland zu verhindern. Sie sei zentraler Teil einer Jahrtausende alten Tradition, sagte Schalom dem Nachrichtenmagazin Focus und fügte hinzu: "Sie zu unterbinden, bedeutet 'Juden raus'!" Schließlich könnten Juden nicht ohne diese für ihre Identität elementare Praxis leben.

Ein Kölner Gericht hatte die Beschneidung von Jungen als strafbare Körperverletzung gewertet. Schalom betonte dagegen, ein Gesundheitsrisiko gebe es nicht. Eine neue US-Studie beweise im Gegenteil die gesundheitlichen Vorteile dieses Eingriffes bei Babys.

Die Europäische Rabbinerkonferenz sieht die Juden in Deutschland an einem Scheideweg. Die Kritik von "engstirnigen humanistischen Aktivisten" an der Beschneidung und die Schlägerattacke in Berlin seien "im Kontext eines wachsenden Grades von Unsicherheit und Antisemitismus in Deutschland" zu sehen, erklärte der Vorsitzende der Konferenz, Pinchas Goldschmidt in Brüssel.

Yona Metzger, Oberrabbiner der Juden in Israel, betonte bei seinem jüngsten Besuch in Berlin, dass nach jüdischem Recht ein Junge acht Tage nach der Geburt von einem ausgewiesenen Beschneider beschnitten werden muss. Beschnittene Männer hätten über Jahrtausende hinweg ihre Jungen beschnitten, und die wiederum ihre Jungen. Die Beschneidung hätte die Zeit nicht überdauert, wenn die Beschnittenen Traumata erlitten oder das Gefühl gehabt hätten, ihnen sei Gewalt angetan worden.

Die Abgeordneten des Bundestags haben zuletzt mit großer Mehrheit entschieden, dass es eine gesetzliche Regelung geben soll, die Beschneidungen grundsätzlich möglich macht. Im Bundesjustizministerium wird derzeit an einem Entwurf gearbeitet. Noch ist offen, wann das Gesetz im Bundestag behandelt werden kann. Es ist ein juristisch kompliziertes Unterfangen, denn das Grundrecht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit steht dem Recht der Eltern auf freie Ausübung ihrer Religion gegenüber.

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