Debatte um Kanzlerfrage:"Schröder darf Vizekanzler werden"

Das Werben von Gerhard Schröder zeigt noch keine Wirkung: Der Vorschlag einer Kanzler-Rochade zwischen ihm und Angela Merkel wird in der CDU abgelehnt. Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Schäuble gibt sich vielmehr zuversichtlich, dass die Regierungsbildung im Oktober gelingt - mit einer Kanzlerin Merkel.

Schäuble sagte der Stuttgarter Zeitung, die CDU wolle sich auch nicht in die Personaldiskussion der SPD einmischen. Schäuble: "Wir sagen ja nicht, dass Herr Schröder nicht Vizekanzler werden darf."

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Die Wahl ist vorbei und die Plakate werden überklebt

(Foto: Foto: AP)

Angebliche Pläne für eine zwischen Amtsinhaber Gerhard Schröder und Merkel geteilte Kanzlerschaft in einer großen Koalition Wolfgang Schäuble in einem Intervuew mit dem Deutschlandfunk ab. "Wir wollen eine stabile Regierung für vier Jahre", sagte er. Der Vorschlag einer geteilten Kanzlerschaft sei "Unfug". Ähnlich äußerten sich CSU-Chef Edmund Stoiber in der Bild-Zeitung sowie Saarlands Ministerpräsident Peter Müller in der Zeitung Die Welt.

Wulff: Stärkste Fraktion stellt Regierungschef

Vor der CDU-Präsidiumssitzung am Montag sagte der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff, es sei eindeutig, dass die stärkste Fraktion den Regierungschef stellen müsse. Hessens Ministerpräsident Roland Koch meinte, vor Beginn von Verhandlungen müsse erst klar sein, "dass die Spielregeln eingehalten werden".

Die Koalitionsbildung ist heute Hauptthema der Gremiensitzungen von CDU und SPD in Berlin. Am Mittwoch findet ein weiteres Sondierungsgepräch zwischen den beiden Parteien statt.

Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) betonte am Sonntagabend in der ARD: "Der stärkere Koalitionspartner stellt den Kanzler, in unserem Fall die Kanzlerin. Und das Zweite ist: Keiner redet dem anderen in seine Personalentscheidungen hinein."

Kompromissangebot per TV-Interview

Der Kanzler war am Sonntag in der ARD von seinem kompromisslosen Führungsanspruch in einer großen Koalition abgerückt. "Ich bin dafür, dass diese Koalition zu Stande kommt, ich werde alles dafür tun, damit sie zu Stande kommt." Die Führungsfrage werde gelöst werden, "sie muss auch gelöst werden - aber sinnvollerweise doch erst, wenn klar ist, die wollen sich wirklich einigen".

In der SPD-Spitze wachsen nach Informationen der Süddeutschen Zeitung die Sympathien für eine große Koalition mit Kanzlertausch nach eineinhalb Jahren. Die Überlegungen liefen darauf hinaus, dass die Koalition unter einem Kanzler Schröder zu arbeiten beginnt, der dann im April 2007 die Regierungsgeschäfte an Merkel übergibt, die bis dahin als Vizekanzlerin fungiert. In den Medien wird dieser Vorschlag auch als "israelische Koalition" genannt.

Schröder müsse erkennen, "dass nicht der Hauch einer Chance besteht, dass die Union ohne Angela Merkel als Bundeskanzlerin in eine große Koalition geht", sagte der CDU-Chef von Rheinland-Pfalz und stellvertretende Bundesvorsitzende Christoph Böhr der Rheinischen Post.

SPD-Linie: Erst die Inhalte, dann die Personen

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Ute Vogt sagte der Financial Times Deutschland, die Personalfrage dürfe in Verhandlungen mit der Union "nicht an erster Stelle" stehen. Vielmehr müsse es in den Sondierungsgesprächen zunächst um Inhalte gehen.

In der Berliner Zeitung warnte Vogt davor, zu weit nachzugeben. "Ich sehe eine große Gefahr - dass die SPD zerrieben würde, wenn sie als Juniorpartner in eine große Koalition ginge. Die Union hat ja bereits die Mehrheit im Bundesrat, und auch der Bundespräsident kommt von der CDU."

Trittin: Union wollte Jamaika nicht

Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) glaubt nicht, dass die Union ein ernsthaftes Interesse an einer Regierungszusammenarbeit mit den Grünen hatte. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel habe mit der Grünen-Spitze nur Sondierungsgespräche geführt, "um ihre Ausgangsposition bei dem Poker, wer in der großen Koalition die Kanzlerin oder den Kanzler stellt, zu verbessern", sagte Trittin im Deutschlandradio Kultur.

Der Grüne vertritt die Ansicht, dass es erst nach der Nachwahl in Dresden am 2. Oktober zu ernsthaften Verhandlungen zwischen Union und SPD kommen werde. "Bis dahin werden wir wohl noch eine Woche Poker haben", sagte er.

Die Debatte um eine Abwechslung von Unionschefin Angela Merkel und Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) als Regierungschef bezeichnete der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer als "Fingerhakeln von zwei Verlierern".

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