Debatte um iranischen Atomausbau:Unionspolitiker für Raketenabwehr in Deutschland

Iran fordert mit dem Ausbau seines Atomprogramms die Weltgemeinschaft heraus: Während Experten die Angaben Teherans in Zweifel ziehen, wird in Deutschland über die Ausweitung des US-Raktenschilds auf ganz Europa diskutiert.

Tomas Avenarius

Ungeachtet internationaler Kritik hat Iran am Dienstag im Atomstreit noch einmal nachgelegt. Der Chef der nationalen Atombehörde, Gholam-Resa Aghasadeh, kündigte an, die Führung in Teheran habe vor, nicht nur 3000, sondern 50 000 Zentrifugen zur Uran-Anreicherung in der Atomanlage in Natans zu installieren. Experten bezweifeln, dass Irans Atomprogramm technisch bereits so weit fortgeschritten ist.

Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft kritisierte die Erklärung Irans umgehend. "Mit großer Sorge" habe man die Ankündigung zur Kenntnis genommen, erklärte das Auswärtige Amt. Ein solcher Schritt Irans stünde "in direktem Widerspruch zu den wiederholten Ersuchen des Gouverneursrats der Internationalen Atomenergiebehörde" (IAEA) und zu den Forderungen des UN-Sicherheitsrats.

Die EU-Erklärung spiegelt die internationale Befürchtung wider, das iranische Atomprogramm diene nicht nur zivilen Zwecken, sondern auch dem Bau von Atomwaffen. Im Zentrum der Debatte steht die geplante Urananreicherung: Hoch angereichertes Uran ist Voraussetzung für den Bombenbau.

Der Sicherheitsrat hat wegen der Teheraner Weigerung, die Anreicherung einzugrenzen, bereits Sanktionen verhängt. Daher bedeutet der jüngste Schritt Irans eine neue Herausforderung der Staatengemeinschaft. Dazu passend stellte Außenminister Manutschehr Mottaki klar, dass seine Regierung Verhandlungen als überflüssig betrachte, solange der Westen als Bedingung die Aussetzung der Urananreicherung verlange. Die andere Seite "sollte etwas Neues vorlegen". Für Gespräche ohne Bedingungen stehe Iran bereit.

Zentrifugen-Zahl unklar

Staatschef Mahmud Ahmadinedschad hatte an Ostern bekanntgegeben, Iran sei nun zur Produktion von angereichertem Uran im industriellen Stil in der Lage. Er hatte aber keine Details genannt. Westliche und russische Nuklearexperten bezweifeln daher, dass das Atomprogramm technisch einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht hat. Möglich sei, dass Ahmadinedschads Erklärung im Machtkampf zwischen den zerstrittenen Fraktionen des Regimes innenpolitisch motiviert war.

Andere Experten meinen, Iran versuche vor dem Beginn neuer Verhandlungen mit dem Westen eine unnachgiebige Position der Stärke vorzutäuschen, um die Position zu verbessern. Zumal Chefunterhändler Ali Laridschani sogar mit einer Aufkündigung des Atomwaffensperrvertrages drohte.

Nicht klar ist, wie viele der für die Uranproduktion notwendigen Zentrifugen in der zentraliranischen Urananreicherungsanlage Natans schon in Betrieb sind. Iran hatte die Zahl von 3000 existierenden genannt und angekündigt, man wolle insgesamt 50000 der hochempfindlichen Geräte in Natans installieren. Früher waren nur 328 Geräte im Rahmen einer Versuchsanordnung in Betrieb.

Union für US-Raketenschild

Wegen der internationalen Sanktionen kann Iran Zentrifugen nicht einfach kaufen. Sie müssen im Land hergestellt oder auf dem Schwarzmarkt besorgt werden. Ebenfalls offen ist, ob die iranischen Wissenschaftler bereits in der Lage sind, die Zentrifugen zu "Kaskaden" zu bündeln. Für die Kaskaden müssen die Zentrifugen in einem technisch anspruchsvollen Verfahren in Reihe geschaltet werden, damit am Ende hoch angereichertes Uran erzeugt wird.

Aufklärung kann vielleicht eine Gruppe von Inspekteuren der IAEA schaffen. Die Experten trafen laut Reuters am Dienstag in Iran ein. Sie sollen eine Woche die unterirdische Anreicherungsanlage Natans untersuchen.

Politiker von CDU und CSU plädieren angesichts des iranischen Atomprogramms für einen Raketenabwehrschild der Nato. Der CSU-Außenpolitiker Eduard Lintner verwies auf Pläne der USA, Raketenabwehrsysteme in Polen und Tschechien aufzubauen.

"Der US-Abwehrschirm muss über ganz Europa ausgedehnt werden. Dabei müssen wir notfalls auch bereit sein, Raketen in Deutschland aufzustellen", sagte Lintner der Bild-Zeitung vom Mittwoch laut Vorabbericht. Bei SPD und Grünen stieß dies auf scharfe Ablehnung.

"Man darf jetzt nicht kopflos reagieren", sagte der abrüstungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rolf Mützenich, der Nachrichtenagentur Reuters.

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