Debatte über Geodaten-Dienste:Bund stoppt Google-Gesetz der Länder

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Kontroverse um Google Street View: Die Bundesregierung hat sich gegen eine rasche Reform des Datenschutzrechts ausgesprochen - und zieht damit Kritik aus den Ländern auf sich.

Daniela Kuhr

Die Bundesregierung lehnt eine rasche Reform des Datenschutzrechts ab. Das Kabinett sprach sich am Mittwoch gegen einen Gesetzentwurf der Länder aus, der strengere Regeln für die Veröffentlichung großflächiger Panoramabilder von Straßen, Plätzen und Häuseransichten im Internet schaffen wollte.

Umstritten: Google Street View (Foto: dpa)

Stattdessen will die Regierung nach einem Spitzentreffen am 20. September Lösungsvorschläge für den generellen Umgang mit Geodaten-Diensten vorlegen. Dazu könne auch ein Gesetzentwurf zählen, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Mittwoch in Berlin. Sicher ist das aber nicht.

Aus den Ländern kam Kritik. "Die Bundesregierung ist mit ihrer Verweigerungshaltung auf dem Irrweg", sagte der Hamburger Justizsenator Till Steffen (Grüne) zur Süddeutschen Zeitung. Er hatte den Gesetzentwurf der Länder maßgeblich miterarbeitet.

Der Entwurf sieht vor, dass Hauseigentümer und Mieter ein uneingeschränktes Widerspruchsrecht gegen die geschäftsmäßige Abbildung großräumig erfasster Straßen und Plätze im Internet bekommen sollen. Zudem müssten Unternehmen im Vorfeld bekannt geben, wann sie welche Straßenzüge abfotografieren wollen. Sollten sich die Unternehmen nicht an die Vorgaben halten, könnte ein Bußgeld gegen sie verhängt werden.

"Kein Lex Google"

"Der Entwurf ist kein Lex Google, sondern erfasst alle Dienste, die in ähnlicher Form Geodaten im Internet anbieten", sagte Steffen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte den Entwurf unter anderem abgelehnt, weil es sich seiner Ansicht nach um ein Gesetz speziell zu Google handelt. Zudem hatte er "unbeabsichtigte Kollateralschäden" befürchtet. Beispielsweise dürfe die Presse dann womöglich keine Panoramabilder mehr veröffentlichen.

Dem widersprach Steffen. "Die Arbeit der Presse wird in keiner Weise beeinträchtigt." Schließlich mache die Presse doch keine geschäftsmäßigen großräumigen Panoramaaufnahmen, "bei denen man durch die Eingabe einer Adresse das dazugehörige Bild aufrufen kann". Auch die Abbildung von Fassaden auf Postkarten oder in Reiseführern werde nicht erfasst.

"Sicher könnte man in dem Entwurf das ein oder andere verändern, aber das hätte man im parlamentarischen Verfahren angehen können", sagte Steffen. Dass der Entwurf eine gute Grundlage gewesen wäre, könne man schon daran sehen, dass alle Bundesländer, gleich welcher politischen Couleur, ihm zugestimmt haben. Saarlands Ministerpräsident und Justizminister Peter Müller (CDU) sagte, durch die Initiative des Bundesrats sei Bewegung in die Debatte gekommen. Dass die Bundesregierung eine allgemeine Regelung zu Geodiensten anstrebe, sei nachvollziehbar. Er erwarte aber, "dass die jetzt vorliegende Bundesratsinitiative bei der Gesamtlösung Berücksichtigung findet".

Gesetzentwurf zu überlangen Gerichtsprozessen

Das Kabinett befasste sich zudem mit dem Problem überlanger Gerichtsprozesse. Nach einem am Mittwoch beschlossenen Gesetzentwurf sollen Bürger künftig gegen langsam arbeitende Richter klagen können und für jeden Monat überlanger Prozessdauer 100 Euro Entschädigung bekommen. "Jeder hat Anspruch auf gerichtlichen Rechtsschutz in angemessener Zeit", sagte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP).

Hintergrund sind mehrere Verurteilungen der Bundesrepublik durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Im krassesten Fall, der sogenannten Sürmeli-Entscheidung, hatte ein Schüler im Jahr 1982 auf dem Weg zur Schule einen Unfall erlitten, bei dem er sich den linken Arm und das Nasenbein brach. Nachdem der Rechtsstreit um Schadenersatz vor dem Landgericht Hannover 17 Jahre später immer noch nicht entschieden war, wandte sich der Mann mit Erfolg an den Gerichtshof.

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Betroffene bei Gericht zunächst eine sogenannte Verzögerungsrüge stellen. Dies gibt den Richtern zunächst die Möglichkeit, bei berechtigter Kritik Abhilfe zu schaffen. Frühestens sechs Monate danach kann Klage bei der übergeordneten Instanz eingereicht werden.

© SZ vom 19.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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