Debakel Flughafen Berlin-Brandenburg:Wowereit tritt als Flughafen-Aufsichtsratschef zurück

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Er zieht die Konsequenz aus dem Debakel: Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit gibt den Vorsitz des Aufsichtsrats beim Flughafen Berlin-Brandenburg ab. Sein Nachfolger wird Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) gibt angesichts des Debakels um den Hauptstadtflughafen den Aufsichtsratsvorsitz der Betreibergesellschaft ab. "Der Aufsichtsratsvorsitz soll künftig von Brandenburger Seite wahrgenommen werden", teilte das Presse- und Informationsamt Berlins mit.

Wowereit will das Amt auf einer vorgezogenen Sitzung des Kontrollgremiums am 16. Januar an den brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) übergeben. Der Rücktritt Wowereits bedeutet jedoch nicht, dass er aus dem Aufsichtsrat ausscheidet. Er bleibt weiter Mitglied des Gremiums und tauscht lediglich die Position mit Platzeck.

Wowereit teilte mit, dass er erst am vergangenen Freitag über die notwendige Verschiebung der Eröffnung am 27. Oktober 2013 informiert worden sei. Wann ein neuer Termin festgelegt werden soll, ließ er offen."Eine Terminfrage zu klären ist derzeit nicht möglich", sagte Wowereit bei einer Pressekonferenz in Berlin. Aufgrund der Erfahrungen wolle er sich dazu nicht äußern. "Die Frage wird im Aufsichtsrat geklärt" Das Treffen solle kommenden Mittwoch stattfinden. Einen Rücktitt vom Amt des Regierenden Bürgermeisters, wie ihn die Berliner Grünen fordern, lehnte Wowereit indes ab.

Nach der erneuten Verzögerung will Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) bei der nächsten Landtagssitzung die Vertrauensfrage stellen. Dies teilte Platzecks Sprecher nach einer Sitzung der Spitzen der Flughafengesellschaft FBB mit.

Indes dürften die Tage von Flughafenchef Rainer Schwarz gezählt sein. Wowereit erwartet, dass auf der Aufsichtsratssitzung am 16. Januar ein Antrag zu dessen Ablösung gestellt wird.

Sicher scheint, dass der Airport vor 2014 nicht eröffnet wird. "Die Lage um den Flughafen ist ernst", hatte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums zuvor gesagt. Er bekräftigte, dass Ressortchef Peter Ramsauer (CSU) kein Vertrauen mehr zu Flughafenchef Schwarz habe.

Über den "neuen Erkenntnisstand" des Managements, dass Probleme noch größer seien als bislang bekannt, habe das Ministerium am Wochenende erfahren, sagte Ramsauers Sprecher. Das sei in einem per Boten zugestellten Schreiben mit Datum 4. Januar mitgeteilt worden. Der brandenburgische Regierungssprecher Thomas Braune sagte, darin habe Flughafen- Technikchef Horst Amann informiert, dass das Eröffnungsdatum Oktober "real nicht zu halten" sei. Grund für die vierte Verschiebung seien Probleme mit der Brandschutzanlage. Ursprünglich sollte der Flughafen bereits im Oktober 2011 in Betrieb gehen.

Die genauen finanziellen Auswirkungen könne noch keiner beziffern, sagte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums. "Wir sind von dieser Entwicklung überrascht worden." Zuletzt waren die Kosten bereits um 1,2 Milliarden Euro auf 4,3 Milliarden Euro gestiegen.

Dem Vernehmen nach fehlen nach wie vor Planungsunterlagen für den Weiterbau der Entrauchungsanlage im Terminal. Deshalb hätten die Bauarbeiten auch nicht wie geplant Mitte November in vollem Umfang wiederaufgenommen werden können.

Laut Bundesverkehrsministerium hatte Flughafenchef Schwarz bei einer Besprechung im Dezember gesagt, dass der Kostenrahmen des Gesamtprojekts eingehalten werden könne. Bei einem Ortstermin ebenfalls im Dezember habe das Management auf Probleme der Brandschutzanlage hingewiesen. Dafür seien weitere Tests nötig, von deren Erfolg dann auch die Terminfrage abhängig sei.

Die Auswirkungen auf den Flugbetrieb und für die Passagiere sind vorerst ungewiss. Air Berlin und die Lufthansa als größte Kunden des Flughafens äußerten sich zunächst nicht. "Wir haben noch keine offizielle Information bekommen", sagte ein Lufthansa-Sprecher auf Anfrage. Wegen der abermaligen Verschiebung müssen die beiden bestehenden Flughäfen Tegel und Schönefeld noch länger als Übergangslösung genutzt werden.

Vor allem der größte Standort Tegel arbeitet bereits an der Grenze seiner Kapazität. Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) kritisierte die Informationspolitik. "Ich bin nicht nur fassungslos, sondern auch stinksauer. Es ist nicht hinnehmbar, dass ich als Aufsichtsratsmitglied von einem solchen Erdbeben am Sonntagabend aus den Medien erfahre", sagte Henkel der dpa.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/rela - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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