Davos:Merkels verdammte Pflicht

Wirtschaftspolitisch kann die Kanzlerin ohne Macron nichts erreichen.

Von Marc Beise

Dass Angela Merkel zwei Tage vor dem erwarteten Auftritt des US-Rambos Donald Trump in Davos die Vorteile internationaler Zusammenarbeit beschwört und vor Nationalismus und Protektionismus warnt, ist nicht überraschend. Kaum ein Land profitiert so von der Globalisierung wie die Exportnation Deutschland, und natürlich weiß das jeder Regierungschef. Trotzdem war es wichtig, dass die Kanzlerin in das Schweizer Bergdorf gekommen ist.

Wenn die Welt derart in der Krise steht, wenn die US-Regierung mit einem wirtschaftlichen Showdown gegen China liebäugelt, wenn Abschottung und Konfrontation wieder salonfähig werden, dann zählt jede machtvolle Stimme dagegen. Machtvoll - das beschreibt Merkels Problem. Die Autorität der Kanzlerin hat seit der Bundestagswahl gelitten, das bleibt auch dem Ausland nicht verborgen. Merkel hat im Interesse Deutschlands nur eine Chance: Sie muss sich an Emmanuel Macron halten, sozusagen gemeinsam mit ihm durch den Schnee von Davos stapfen.

Frankreichs Präsident allein ist unverbraucht, kraftvoll und mutig genug, die europäische Idee wiederzubeleben. Für die Geschichtsbücher wird es einmal weniger bedeutsam sein, ob die große Koalition nun kommt oder nicht und wie sich das Kleingedruckte liest. Wichtig ist, ob Merkel es schafft, mit Macron zusammen Europa zu einem Bollwerk gegen Nationalismus und Protektionismus zu formen. Deutschlands Wohlstand hängt davon maßgeblich ab.

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