Datenspeicherung auf Vorrat:Das kandierte Gesetz

Verfassungswidrige Regeln sind jetzt mit Zuckerlösung übergossen. Sie bleiben aber Gift für den Rechtsstaat.

Von Heribert Prantl

Jeder weiß, was kandierte Früchte sind: Kirschen oder Orangenstücke, stark gesüßt und dadurch haltbar gemacht. Neuerdings gibt es auch kandierte Gesetze; soeben wurde eines im Bundeskabinett verabschiedet: Die alten, grundrechtswidrigen Regeln der Vorratsdatenspeicherung sind von den Ministern Maas und de Maizière mit einer starken Zuckerlösung übergossen worden. So soll das VDS-Gesetz schmackhaft werden. Nach kurzem Lutschen merkt man: Kandierte Essiggurken sind ungenießbar.

Das Gesetz ist schlecht; es verschärft die Überwachungs-Gesamtbilanz massiv. Aber selbst diejenigen, die eine Speicherung der Daten unbescholtener Bürger grundsätzlich akzeptieren, werden zugeben müssen: Das Gesetz ist schlecht gemacht. Der Richtervorbehalt ist unzureichend. Und der Schutz der Berufsgeheimnisträger (also etwa der Ärzte, Anwälte und Journalisten) ist das Papier kaum wert, auf dem er steht. Geradezu unverschämt ist es, dass die Strafbarkeit der Datenhehlerei ins Gesetz geschmuggelt wurde: das führt zur Kriminalisierung der Whistleblower, Blogger und Journalisten, die mit heiklen Daten arbeiten. Berichte, wie man sie heute über geheimdienstliche Illegalitäten lesen kann, wären künftig strafbar. Datenhehlerei des Staates (wenn er Steuer-CDs mit illegal beschafften Daten kauft) bliebe freilich straflos.

Die geplanten Paragrafen sind toxisch. Ihr Genuss gefährdet den Rechtsstaat.

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