Datenskandal um Cambridge Analytica:Facebook will Betroffene informieren

Katarina Barley

Bundesjustizministerin Katarina Barley sieht in dem Datenskandal bei Facebook eine "Gefahr für Demokratie und Rechtsstaat".

(Foto: Kay Nietfeld/dpa)
  • Der europäische Cheflobbyist von Facebook, Richard Allan, hat bei einem Termin mit Justizministerin Barley (SPD) zugesichert, die Betroffenen eines Datenskandals informieren zu wollen.
  • Die dubiose Politikberatungsfirma Cambridge Analytica soll die Daten von 50 Millionen Facebook-Nutzern missbraucht haben.
  • Es ist der bisher größte Skandal in Facebooks Geschichte.

Von Christian Gschwendtner, Berlin

Bis zum Schluss hat der Mann aus Dublin dann doch nicht durchgehalten. Als die neue Justizministerin Katarina Barley am frühen Montagabend in Berlin vor die Presse tritt, ist Facebooks europäischer Cheflobbyist Richard Allan nicht mehr dabei. Barley entschuldigt sich erst mal für die Verspätung: "Es war ein sehr intensives Gespräch." Die Ministerin hat hochrangige Vertreter des US-Konzerns zum Gespräch einbestellt. In der diplomatischen Sprache ist das die maximale Eskalation.

Der Anlass ist ja auch sehr ernst: Facebook kämpft gerade mit dem größten Datenskandal in seiner Geschichte. Seit bekannt wurde, dass die dubiose Politikberatungsfirma Cambridge Analytica angeblich illegal die Daten von 50 Millionen Facebook-Nutzern missbraucht haben soll, seitdem braut sich ein gewaltiger Shitstorm über dem Unternehmen zusammen. Inzwischen hat auch die US-Verbraucherschutzbehörde FTC bestätigt, dass sie deshalb Ermittlungen gegen Facebook eingeleitet hat. Dieser Sturm der Entrüstung hat jetzt auch die Berliner Politik erreicht.

Gemessen daran, sind die Ergebnisse der Unterredung aber eher dürftig. Facebook wolle "wohlwollend prüfen", ob es seinen Algorithmus offen legen werde, kann Barley am Montag mitteilen. Genau das hatte sie vor dem Gespräch mit Allan gefordert. Alle Nutzer sollen künftig leichter erkennen, warum ihnen welche Inhalte präsentiert werden.

Bei einer Anhörung im Bundestag sollen Konzernvertreter nur Pressestatements verlesen haben

Einen kleinen Erfolg kann die SPD-Politikerin aber doch verkünden: Facebook habe sich verpflichtet, alle Betroffenen des Datenleaks zu informieren. Unklar ist dagegen weiterhin, wie viele Deutsche darunter sind. Barley weiß nur, dass es anscheinend nicht allzu viele sein dürften. Zumindest hätten ihr das die Facebook-Abgesandten zugesichert. Im Kern geht es um eine dubiose App, mit der die Firma Cambridge Analytica ab Juni 2014 Daten von Nutzern absaugte.

Anschließend wurden damit Wählerprofile erstellt, die im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf und in der Kampagne für den Brexit eine wichtige Rolle gespielt haben sollen. Von den 300 000 App-Nutzern soll aber nur ein Prozent aus Europa stammen. Das behaupten die Facebook-Leute am Montagnachmittag im Justizministerium. Die genauen Zahlen wollen sie aber erst in den nächsten Tagen bekanntgeben.

Auch wenn sich Barley freuen kann, dass die Facebook-Lobbyisten ihrer Einladung ins Ministerium am Montag überhaupt gefolgt sind: Eine Premiere ist es nicht. Richard Allan kennt das deutsche Justizministerium ganz gut von innen. Er war schon einmal zum Feuerlöschen hier, vor zweieinhalb Jahren, als es um Hasskommentare ging, die schnellstmöglich aus dem sozialen Netzwerk entfernt werden sollten. Der Justizminister hieß damals noch Heiko Maas, und verglichen mit dem aktuellen Gegenwind, der Allan entgegenschlägt, war der Termin vermutlich ein Spaziergang.

Quer durch fast alle Parteien hat das Misstrauen gegenüber Facebook deutlich zugenommen. Wie sehr, konnte man bereits am vergangenen Freitag sehen. Da sollten zwei Facebook-Angestellte in einer Anhörung im Digitalausschuss des Bundestags erklären, wie es zu dem jüngsten Datenskandal kommen konnte.

Glaubt man den Berichten Beteiligter, dann soll sich die Anhörung im Bundestag hauptsächlich auf das Verlesen von vorgefertigten Pressemitteilungen beschränkt haben. Bei vielen Abgeordneten dürfte der Ärger auf Facebook dadurch noch gewachsen sein. Zumindest wollen sie sich künftig nicht mehr mit den vorgestanzten Formulierungen der Berliner Lobbyisten zufrieden geben. Für die nächste Sitzung werde man die Facebook-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg einladen, kündigte der CDU-Politiker Thomas Jarzombek in der Zeitung taz an.

Eher unwahrscheinlich, dass es dazu in naher Zukunft kommen wird. Barley hat am Montag dennoch schon mal den Druck erhöht: "Die aktuellen Versprechen sind uns nicht genug."

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