Datenschutz:Der Gast aus dem Netz

Der US-Whistleblower Edward Snowden warnt in einer Videoschalte zur Süddeutschen Zeitung vor Überwachung - selbst bei verschlüsselter Kommunikation.

Von Jannis Brühl

Edward Snowden nutzt eine Videoschaltung zur Süddeutschen Zeitung für eine Abrechnung mit der Bundesregierung. Wenn die schon vor dem Verbündeten USA kusche, fragt der Whistleblower, "wie will Deutschland China die Stirn bieten, wenn es dort eine ähnliche Situation gebe?" Es sei "unglücklich", dass die deutsche Regierung ihm seit 2013 Asyl verwehre. Sie wisse genau, dass durch seine Enthüllungen über die Abhörprogramme der NSA niemand zu Schaden gekommen sei.

Mehrere Dutzend Journalisten sitzen in einem Saal im 25. Stock des SZ-Hochhauses, Snowden trägt dunkles Jackett vor dunklem Hintergrund, er ist zugeschaltet aus seinem Moskauer Exil. Seit drei Jahren lebt er dort, weil er Journalisten geheime Daten der US-Geheimdienste ausgehändigt und damit einen Skandal ausgelöst hat. In den USA droht ihm eine Anklage wegen Spionage. Snowden spricht an diesem Mittwoch bei der Süddeutschen Zeitung über Privatsphäre und Freiheit in Zeiten globaler Überwachung. Das Gespräch ist Teil des "Editor's Lab", zu dem die SZ in Zusammenarbeit mit dem Global Editors Network 14 Journalistenteams aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Rumänien und Frankreich eingeladen hat.

Die fortschrittlichsten und meistvernetzten Gesellschaften haben am meisten zu verlieren

Das Argument, die USA könnten aus Rache für die Gewährung von Asyl Informationen ihrer Geheimdienste zurückhalten, sodass deutsche Staatsbürger bei Anschlägen könnten, sei absurd: "Der Gedanke, dass die USA Deutschland bestrafen, weil es Whistleblower schützt, ist eine Fantasie. Sie ist peinlich." Und er warnt: In Deutschland werden die Geheimdienste dank rechtlicher Regelungen zwar grundsätzlich besser kontrolliert als anderswo - aber das ändere sich gerade durch das vergangene Woche verabschiedete BND-Gesetz.

Snowden hat eine Botschaft an sein Publikum: Massenüberwachung gefährdet dessen Arbeit. Journalisten müssten sich bewusst sein, dass ihr Handy Spione zu ihren Quellen führen könne. Auch die Verschlüsselung von Kommunikation sei kein Schutz gegen Überwachung. Snowden sagt, er wünsche sich eine Debatte über die Gefahren digitaler Waffen gegen Infrastruktur. "Wir sind die fortschrittlichsten, meistvernetzten Gesellschaften der Erde. In computerbasierten Konflikten haben wir mehr zu verlieren. Wir können Russland zehnmal hacken, aber das wird dort weniger Schaden anrichten als ein Hack gegen uns." Ein Spiel, auf das sich der Westen nicht einlassen solle.

Datenschutz: Edward Snowden und Dan Gilmor in der großen Konferenz am 26. Oktober 2016 im Gebäude der Süddeutschen Zeitung

Edward Snowden und Dan Gilmor in der großen Konferenz am 26. Oktober 2016 im Gebäude der Süddeutschen Zeitung

(Foto: Matthias Ferdinand Döring)
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