Dalai Lama:Gottkönig und Popstar

Bei seinen Deutschlandbesuchen wird er von Tausenden gefeiert. Für die Tibeter gilt er als geistliches Oberhaupt - und weltliches in Wartestellung. Nun trifft der Dalai Lama erstmals einen deutschen Regierungschef. Ein Porträt.

Nein, allwissend ist er nicht, der Gottkönig der Tibeter. Auch wenn sein Titel übersetzt "Ozean der Weisheit" bedeutet. "Computerwissenschaften sind nicht meine Sache", sagte der Dalai Lama am Donnerstag, nachdem ihm die Universität Münster den Ehrendoktortitel verliehen hatte. "Das habe ich komplett ignoriert."

Dalai Lama: "Computer sind nicht meine Sache": Der Dalai Lama nach der Verleihung des Ehrendoktors durch die Universität Münster.

"Computer sind nicht meine Sache": Der Dalai Lama nach der Verleihung des Ehrendoktors durch die Universität Münster.

(Foto: Foto: dpa)

Sätze wie dieser sind es, die dem 72-Jährigen in Deutschland viel Sympathie einbringen. Bei seinem Besuch in Hamburg im Juli wurde er gefeiert wie ein Popstar. Laut Umfragen erfreut er sich bei den Deutschen größerer Beliebtheit als Papst Benedikt XVI.

Für die Tibeter ist der Dalai Lama, als 14. Inkarnation des Buddhas des Mitgefühls, nicht nur geistliches Oberhaupt. Bis zum Einmarsch der chinesischen Armee in Tibet 1950 war er auch offiziell das weltliche Oberhaupt seines Volkes.

1959 flüchtete der Dalai Lama nach einem Aufstand von 100.000 Tibetern, der von den Chinesen brutal niedergeschlagen wurde. Seitdem lebt er in Indien und steht dort der tibetischen Exilregierung vor. Er hat wiederholt vor der Gefahr eines "kulturellen Völkermordes" in seiner Heimat gewarnt und sich immer für den friedlichen Widerstand eingesetzt. 1989 erhielt er den Friedensnobelpreis.

Geboren wurde der Dalai Lama unter dem Namen Lhamo Thondup am 6. Juli 1935 in der tibetischen Provinz Amdo, als Sohn einfacher Bauern. Als Zweijähriger wurde er als Reinkarnation seines Vorgängers entdeckt und von den höchsten Mönchen zum 14. Dalai Lama berufen.

Mit 15 Jahren wurde Tenzin Gyatso, wie sein Mönchsname lautet, Staatsoberhaupt von Tibet. Sein vollständiger Titel ist: "Seine Heiligkeit Gzong Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama".

Mit Deutschland verbindet den Dalai Lama einiges. Er wurde unter anderem von dem deutschen Abenteurer Heinrich Harrer erzogen - der, wie sich später herausstellte SS-Mitglied war. Bei seinem Deutschlandbesuch vor zwei Monaten erzählte der Dalai Lama, wie er als Kind im Krieg zu Deutschland gehalten habe und fügte entschuldigend hinzu: "Da wusste ich noch nichts vom Holocaust."

Nun wird der Dalai Lama selbst ein Stück deutsche Geschichte schreiben. Zwar haben immer wieder deutsche Politiker den Dalai Lama getroffen, so etwa der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker 1990 oder Außenminister Joschka Fischer 1999, 2003 und 2004.

Doch ein deutscher Regierungschef hat den Dalai Lama noch nie empfangen. Angela Merkel war zwar im Juni 2005 mit ihm zusammengekommen. Doch damals war Merkel lediglich CDU-Vorsitzende und noch nicht Bundeskanzlerin.

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