CSU-Parteitag:Merkels Nicht-Einladung ist allein für Seehofer peinlich

Horst Seehofer, CSU

Zieht tiefe Gräben: CSU-Chef Horst Seehofer.

(Foto: AFP)

Die Kanzlerin wird nicht auf dem CSU-Parteitag reden. Und das nur, weil CSU-Chef Seehofer in der Frage der Obergrenze für Flüchtlinge keine Einsicht zeigen will.

Kommentar von Thorsten Denkler, Berlin

Am Ende ist nur noch die Frage, wie sie es der Öffentlichkeit erklären sollen. Seit mindestens zwei Wochen steht fest: Merkel wird nicht auf dem Parteitag der CSU in einer Woche das obligatorische Grußwort halten. Die SZ hatte darüber schon Mitte Oktober berichtet. Jetzt haben sich CSU-Chef Horst Seehofer und CDU-Chefin Angela Merkel am Freitagabend noch einmal verständigt: Das wird diesmal definitiv nichts.

Nun geht die Welt nicht unter, wenn Merkel nicht auftritt. Und doch ist es ein überdeutliches Zeichen für den tiefen Graben, der sich zwischen den beiden so genannten Schwesterparteien auftut. Ein Graben, der handgemacht ist. Den Seehofer höchst selbst Schippe um Schippe gebuddelt hat, bis er so breit und so tief war, dass ihn keine Brücke mehr überspannen konnte. Und mit jedem Stich in die Muttererde, die beide Parteien doch immer verbunden hat, rief er: "Obergrenze, Obergrenze, Obergrenze!"

Seehofer will sie unbedingt. Die Obergrenze für den Zuzug von Flüchtlingen. Er hat sich verbissen in diese Obergrenze, will auf keinen Fall von ihr lassen. Auch wenn jetzt schon klar ist, dass es sie nie geben wird. So wie es das Betreuungsgeld auf Bundesebene trotz Gesetzesbeschluss nicht geben kann. Und so wie es die Maut für Ausländer nicht geben kann. Alles CSU-Ideen. Mal spricht das Grundgesetz, mal das EU-Recht dagegen. Die Frage ist nur, ob die CSU schon wieder gegen eine weithin sichtbare Wand rennen will. Merkel jedenfalls will das nicht.

Die vernunftbegabten Wesen in der CSU, von Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt bis hin zu CSU-Vize Manfred Weber, sie alle haben sanft versucht, Seehofer aus dem Graben herauszuhelfen, in den er sich und die ganze CSU gebuddelt hat. Sie sprechen lieber von Kontingenten. Von Grenzen, die eine Orientierungsgröße sein sollen. Jedenfalls nicht starr sein können.

Von solchen Sandkastenrangeleien lässt sich Merkel nicht beeindrucken

Beim besten Willen, Merkel kann nicht einmal so tun, als fände sie die Idee einer starren Obergrenze irgendwie charmant. Sie ist Seehofer aber weit entgegengekommen. Sie setzt sich für eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen nach Europa ein. In Kauf nehmend, dafür die skandalöse Schließung der Balkanroute hinnehmen und mit Leuten wie dem türkischen Präsidenten Erdoğan oder afrikanischen Despoten verhandeln zu müssen. Sie hat sogar unwidersprochen den Eindruck entstehen lassen, sie distanziere sich von ihrem Satz "Wir schaffen das".

Seehofer hat seine CSU inzwischen so hochgepeitscht mit seinem Obergrenzen-Irrsinn, dass Merkel tatsächlich fürchten müsste, aus der Halle gebuht zu werden. Er selbst hat im vergangenen Jahr die Kanzlerin maximal bloßgestellt, als er ihr nach ihrer Rede eine Viertelstunde lang erklärte, wie falsch sie liege. Merkel stand daneben und war am Ende so ärgerlich, dass sie den gereichten Blumenstrauß umgehend dem nächstbesten in die Hand drückte und grußlos die Bühne verließ.

Es gereicht Merkel zu Ehre, dass nicht sie es ist, die auf einen Besuch auf dem CSU-Parteitag in diesem Jahr verzichtet. Sie hat sich ohne viel Aufhebens nicht einladen lassen. Von solchen Sandkastenrangeleien lässt sie sich nicht beeindrucken. Was auf den ersten Blick wie der nächste Erniedrigungsversuch aussieht, fällt am Ende als große Peinlichkeit auf den Mann zurück, dem CSU und CDU den ganzen Schlamassel zu verdanken haben. Auf Horst Seehofer.

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