CSU:Entnervt in der Idylle

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In Gedanken in Berlin: Ministerpräsident Horst Seehofer und sein Generalsekretär Andreas Scheuer bei der CSU-Tagung in Kloster Andechs. (Foto: Andreas Gebert/dpa)

Im Kloster Andechs proben die Christsozialen den Koalitionskrach: Die Klausur findet unmittelbar vor dem Gipfel in Berlin statt.

Von Frank Müller, Andechs

Oben auf dem Andechser Klosterhügel geht der Blick weit in die Ferne, über Klosterbauten, Dorfkirche, Maibaum bis zur Alpenkette: eine der schönsten Perspektiven, die man in Oberbayern haben kann. Doch Horst Seehofer denkt wohl vor allem an Berlin, als er mit seiner CSU-Führung in Andechs zu einer zweitägigen Klausur beisammen sitzt. Der CSU-Chef will den Berliner Koalitionsgipfel vorbereiten, der am Sonntagabend auf dem Programm stand. Für die CSU bedeutet das vor allem Druck, und der ist vorab in Andechs zu spüren. Bei Themen wie dem Länderfinanzausgleich und dem Umgang mit dem Mindestlohn hat die CSU selbst die Erwartungen in die Höhe geschraubt. Und bei den Punkten Pkw-Maut und Betreuungsgeld ist die CSU wiederum unter Druck von außen.

Zum Mindestlohn probt die CSU in Andechs den Koalitionskrach gleich mit einem Vorspiel hinter den verschlossenen Klostertüren. Sie lädt sich mit Bayerns DGB-Chef Matthias Jena einen ausgesprochenen Kritiker der CSU-Haltung ein. Die CSU ist entnervt, wegen der von der SPD durchgesetzten Pflicht zur genauen Dokumentation der Arbeitszeiten für Mindestlohnempfänger. Jena dagegen argumentiert, es sei nur richtig, dass Arbeitgeber nachweisen müssten, dass der gezahlte Lohn nicht durch schleichende Verlängerung der Arbeitszeit aufgezehrt wird. "Kontrovers" sei es gewesen, meint Jena. "Gut kontrovers", ergänzt Seehofer.

Verunsichert ist die Partei auch bei einem weiteren Kernziel: der Verringerung der Zahlungen Bayerns im Länderfinanzausgleich. Seehofer hatte sich schon zum Klausurstart darauf festgelegt, dass die Ausgaben des Freistaats für den Länderfinanzausgleich um eine Milliarde Euro verringert werden. "Bayernmilliarde" nennt Seehofer das. Doch immer wichtiger wird die Frage, auf welches Jahr bezogen dies überhaupt gelten kann. Die Zahlungen Bayerns steigen von Jahr zu Jahr, bis zum Auslaufen der Regelung im Jahr 2019 ist daran auch nichts zu ändern. Könnte also am Ende gar keine echte Reduzierung, sondern nur ein gebremster Anstieg herauskommen? Derzeit liegen die Zahlungen Bayerns bei mehr als fünf Milliarden Euro pro Jahr. Seehofer drückt sich in Andechs um eine konkrete Antwort. Solche Punkte seien Teil der Verhandlungen.

Am Rande der Klausur gibt Seehofer zwar den entspannten Plauderer mit Bürgern, die den Klosterhügel zum dortigen Biergarten hinaufstreben. Wie stark es in ihm selbst arbeitet, wird an anderen Fronten deutlich. In einem Interview mit der Bild am Sonntag rechnet er mit Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) ab. Er hält ihr vor, gegen das Betreuungsgeld zu arbeiten. "Wenn die SPD jetzt mit allen Tricks unsere Projekte bekämpft, ist das eine schwere Belastung für die Koalition", sagt Seehofer. Auch Vorstandskollegen spüren Seehofers Anspannung. Als die beiden Staatsminister Joachim Herrmann und Markus Söder zwischendurch bei einer Abstimmung mal den Saal verlassen wollen, verhindert Seehofer dies. Er will, dass alle ihm klar den Rücken stärken.

"Es war eine Arbeitsklausur im wahrsten Sinne des Wortes", sagt Seehofer zum Abschluss in Andechs. Die Arbeit überlappt sogar die üblichen Personalspekulationen. Seehofer sagt zu seiner eigenen Zukunft nur, dass die CSU auch nächstes Jahr gerne wieder nach Andechs komme. Kurze Kunstpause. "Mit dem Parteivorsitzenden Horst Seehofer."

© SZ vom 27.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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