Condoleezza Rice:Durchgefallen bei Freunden

Peinliche Pannentour: Die US-Außenministerin wird von Briten als "Kriegsverbrecherin" beschimpft und räumt ein, dass ihre Regierung im Irak "Tausende taktische Fehler" gemacht hat.

Reymer Klüver

Es regnete in Strömen und gewitterte gewaltig, als US-Außenministerin Condoleezza Rice und ihr britischer Kollege Jack Straw in Bagdad landeten. Es war ein Besuch wie ein Blitz aus finsterstem Himmel. Die Lage im Irak ist verfahren, die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit kommt nicht voran. Der Schuldige am Stillstand ist für viele ausgemacht:

Anti-Rice-Protest in Blackburn

Anti-Rice-Protest in Blackburn

(Foto: Foto: AP)

Iraks Premier Ibrahim al-Dschaafari, der offenbar einer Einigung zwischen den widerstreitenden Fraktionen der Schiiten, Sunniten und Kurden im Wege steht. In der irakischen Hauptstadt demonstrierten Rice und Straw Einigkeit, drängten al-Dschaafari zum Rückzug. Sowohl die USA als auch Großbritannien sind entschlossen, die Lage im Irak nicht vollends außer Kontrolle geraten zu lassen, lautete die gemeinsame Botschaft der Minister.

Die Reise ins Kriegsgebiet war die überraschende, aber folgerichtige Fortsetzung eines Besuchs von Rice in Großbritannien, dem Zeitungen im Königreich das Label "PR-Desaster" aufgedrückt haben. Rice hatte Straws Wahlbezirk Blackburn bei Liverpool besucht, eine Industriestadt, die ihre besten Tage im 19. Jahrhundert erlebt hatte und in der heute ein Viertel der Einwohner Einwanderer muslimischen Glaubens sind. Die Verantwortlichen hatten sich diese als persönliche Geste gedachte Visite gut überlegt: Die Gäste aus den USA sollten nicht nur die Sitzungssäle in London sehen, sondern einen Eindruck vom wirklichen Leben in England bekommen.

Und den erhielt Rice ohne Frage. Wo auch immer sie erschien, waren die Chöre von Demonstranten wider den "Krieg gegen Muslime" zu hören. Auf Plakaten wurde sie als "Kriegsverbrecherin" beschimpft. Ein Besuch in der Masjid al-Hidayah-Moschee musste abgesagt werden, nachdem Kriegsgegner mit Protesten gedroht hatten.

Die Außenministerin in dem leeren Stadion

Rice gab in Gesprächen mit Vertretern der Muslime ganz undiplomatisch zu, dass die USA im Irak "Tausende taktische Fehler" gemacht hätten. In den Stunden danach war sie dann sehr bemüht, die Äußerung zu relativieren. Der Sturz von Iraks Diktator Saddam Hussein sei bestimmt richtig gewesen, sagte Rice. Ein Vertreter der Muslim-Gemeinde sagte nach dem Treffen hingegen, er hoffe, Rice nehme die Botschaft mit nach Hause, dass eine Veränderung dieser Politik gewünscht werde. Auch der Besuch von Rice in einer Schule Blackburns war kein Beleg für das offizielle Bild der engen amerikanisch-britischen Freundschaft.

Zahlreiche Eltern hatten aus Protest gegen die US-Politik ihre Kinder zu Hause behalten. Selbst ein Fußballspiel fiel aus, weil es wegen höherer Fernseheinschaltquoten auf Montag verlegt wurde. Stattdessen erschien die Außenministerin in dem leeren Stadion, um bei einer kurzen Zeremonie ein Fußballerhemd entgegenzunehmen. Das hat sicherlich nicht dazu beigetragen, aus dem Abstecher ins proletarische Britannien eine Erfolgsgeschichte zu machen.

Eigentlich wollte Condoleezza Rice sich auch mit Beatles-Sänger Paul McCartney treffen. Selbst diese Begegnung kam nicht zustande. Weil die Gegend um Liverpool einst von den Beatles besungen wurde, taufte die britische Presse den für Rice ernüchternden Besuch in Anlehnung an ein berühmtes Lied der Beatles: "Rices magical mystery tour."

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