Computervirus soll US-Drohnen befallen haben:Tötungsmaschine mit Schnupfen

Sie gelten als Wunderwaffen im Kampf gegen al-Qaida: Etwa 2000 Menschen hat das US-Militär bereits durch Drohnen getötet. Jetzt soll ein Computervirus die Steuerzentrale der unbemannten Kampfflugzeuge befallen haben, geheime Daten könnten nach außen gelangt sein. Es wäre nicht das erste Mal - doch das Militär wiegelt ab.

Frederik Obermaier

Sie heißen Predator und Reaper, Raubtier und Sensenmann also, und sie sind die Tötungsmaschinen des US-Militärs: Drohnen, unbemannte Flugzeuge, bestückt mit mehreren lasergelenkten Hellfire-Raketen. Mehr als 2000 Menschen soll der US-Auslandsgeheimdienst CIA mit Drohnenangriffen bereits getötet haben - zuletzt den Terrorprediger Anwar al-Awlaki. Doch nun hat nach Ansicht von Experten ein Computervirus die vermeintlichen Wunderwaffen befallen.

US-Drohne

Die Drohnen "Predator" und "Reaper" der US-Armee sollen von Computerviren befallen sein.

(Foto: dpa)

Wie der Internet-Blog Danger Room des Computermagazins Wired berichtet, wurde der Virus vor zwei Wochen auf Computern der Creech Air Force Base im US-Bundesstaat Nevada entdeckt - von dort aus werden per Joystick die Drohnen gesteuert, die weit entfernt im Irak, in Afghanistan und anderen Ländern zum Einsatz kommen. Das Schadprogramm zeichnet dem Bericht zufolge alle Handlungen der Piloten bei den ferngesteuerten Flügen auf - streng geheime Daten könnten dadurch auch von Außenstehenden nachvollzogen werden. Für das Militär wäre das eine Blamage - und ein ernsthaftes Sicherheitsproblem.

Bislang gäbe es keine Hinweise, dass Daten an unbefugte Dritte gesendet worden, hieß es. Es sei aber nicht auszuschließen, dass vertrauliche Daten über das öffentliche Internet verbreitet worden sein könnten. Der Computervirus sei sehr hartnäckig und habe trotz mehrfacher Versuche nicht entfernt werden können, berichtete Wired. "Wir versuchen es auszuschalten, aber es kommt immer wieder zurück", zitiert der Blog einen Informanten.

Die Sicherheitsexperten des US-Militärs sind sich Wired zufolge noch unsicher, ob der Virus versehentlich installiert wurde oder gezielt - etwa von einem ausländischen Geheimdienst oder Hackern. Ein ranghoher Offizier der US-Luftwaffe wies den Bericht im Sender Fox News als "maßlos übertrieben" zurück. "Die Flugzeuge waren nie in Gefahr, verrückt zu spielen."

Drohnen galten bislang als die perfekte Waffe im Kampf gegen Terroristen: Gesteuert von Amerika aus können sie stundenlang über dem Zielgebiet kreisen und dann plötzlich zuschlagen. Stürzt eine Drohne ab, verlieren Armee und CIA keine eigenen Leute, sondern lediglich eine Maschine - die auch noch vergleichsweise billig ist. Ein komplettes Reaper-System kostete etwa 38 Millionen Euro, ein F-16-Kampfflugzeug dagegen gut 55 Millionen.

Ganz problemlos war der Einsatz der ferngesteuerten Kampfbomber jedoch nie: Schon mehrmals sandten Drohnen Videos unverschlüsselt an die Bodentruppen - mit einer wenige Euro teuren Software konnten auch die Gegner die Bilder sehen. Nach einem Bericht des Wall Street Journals fand das US-Militär im Sommer 2009 Beweise, dass irakische Rebellen "Tage um Tage, Stunden um Stunden" Live-Bilder von Drohnen abgefangen haben und sich so vor drohenden Angriffen in Sicherheit bringen konnten.

Bislang wollten weder das Pentagon noch die US-Luftwaffe sich zu dem möglichen Viren-Befall ihrer Wunderwaffe äußern. Die Drohnen-Einsätze jedenfall gehen unvermindert weiter.

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