Chronologie:Kurze Notizen für Winterkorn

Wie die Konzernspitze zwischen Mai und September 2015 mit den Manipulations-Vorwürfen der US-Behörden umging.

Wer wusste wann was bei Volkswagen? VW hat nun eine umfassende Chronologie vorgelegt. Darin beschreibt der Konzern die Ergebnisse der internen Ermittlungen. Verfasst wurde die Stellungnahme für das Landgericht Braunschweig, dort klagen Aktionäre auf Schadenersatz. Die SZ dokumentiert Auszüge:

21. Mai 2015: Ein Abteilungsleiter der Rechtsabteilung wird "über den Verdacht informiert", dass "Unregelmäßigkeiten" bei den Abgasuntersuchungen in den USA auf einem Problem der Motorsteuerungs-Software beruhten.

Ende Mai 2015: Bei VW verdichten sich "zunehmend die Hinweise darauf", dass eine unzulässige Software zum Einsatz gekommen sein könnte. Davor habe man bei VW außerhalb des Kreises der "Eingeweihten" von diesem Problem nichts gewusst.

Ende Juni/Anfang Juli 2015: Die Rechtsabteilung erfährt, dass bis zu 480 000 Autos in den USA betroffen sein könnten.

21. Juli 2015: Ein VW-Arbeitskreis (Tread), der sich um Probleme in den USA kümmert, erfährt: Die US-Behörden wollen für das Modelljahr 2016 (Passat) die Genehmigung verweigern, da "Fragen zur Emissionsüberschreitung an früheren Modelljahren . . . noch nicht beantwortet wurden".

Ende Juli 2015: Konzernchef Martin Winterkorn erhält eine kurze Notiz dazu.

3. bis 23. August 2015: Werksurlaub in Wolfsburg, viele Mitarbeiter und Manager seien "nicht verfügbar" gewesen.

6. August 2015: Die von VW eingeschaltete US-Anwaltskanzlei schreibt, die Umweltvorschriften in den USA sähen "sehr hohe Maximalgeldbußen" vor. Das bislang höchste Bußgeld (Hyundai-Kia) habe aber nur 100 Millionen Dollar betragen, umgerechnet 91 Dollar pro Fahrzeug.

5. und 19. August 2015: Bei Treffen mit der US-Umweltbehörde CARB räumen VW-Techniker ein, dass die Motoren der ersten und zweiten Diesel-Generation "nicht den emissionsrechtlichen Anforderungen in den USA entsprechen".

24. August 2015: Eine Sondersitzung des Ausschusses für Produkt-Sicherheit, der bei VW als "Feuerwehr" gilt, wird einberufen. Winterkorn wird darüber informiert.

Ende August 2015: Juristen und Anwälte von VW erkennen aufgrund der Aussagen von VW-Technikern, dass Verstöße gegen US-Recht vorliegen dürften.

3. September 2015: VW gibt bei den US-Behörden EPA und CARB Verstöße zu.

4. September 2015: Winterkorn wird per "Kurznotiz" informiert.

September 2015 (in dem Schriftsatz von VW für das Landgericht Braunschweig wird dazu kein Datum genannt): Der VW-Vorstand geht nicht davon aus, dass "größerer Schaden" drohe.

3. bis 18. September 2015: Ein VW-Mitarbeiter spricht mehrmals mit der EPA. Dabei soll unter anderem über eine "öffentliche Stellungnahme" von VW Anfang 2016 geredet worden sein.

18. September 2015: Die US-Behörde EPA macht die Verstöße öffentlich, Volkswagen gerät massiv unter Druck.

22. September 2015: Die Lage bei VW eskaliert, die Affäre weitet sich dramatisch aus. Jetzt ist plötzlich von manipulierten Abgas-Messungen bei weltweit mehr als elf Millionen Fahrzeugen die Rede. Winterkorn verspricht öffentlich, VW sei dabei "die Hintergründe schonungslos aufzuklären. Dazu kommt in diesen Stunden alles auf den Tisch." (nicht Bestandteil der VW-Stellungnahme für das Gericht).

23. September 2015: Winterkorn tritt zurück und sagt, er sei "bestürzt über das, was in den vergangenen Tagen geschehen ist" (nicht Bestandteil der VW-Stellungnahme für das Gericht).

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