Christoph Matschie:Auf der Suche nach Profil

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Der sozialdemokratische Spitzenkandidat hat sich mehrmals in der Bildungspolitik profiliert, wurde aber immer von Bildungsministerin Bulmahn zurückgepfiffen. Seiner Partei ist er zu selten ihm Land.

Von Jens Schneider

Das haben sich seine Sozialdemokraten daheim in Thüringen immer von ihrem Spitzenkandidaten Christoph Matschie gewünscht: Schlagzeilen, die ihm bundesweit Profil verschaffen - und dann ins beschauliche Thüringen hineinwirken. Wenn es denn sein musste, sollte er eben mal gegen den Kanzler stänkern. Gestänkert hat er nun zwar nicht. Das wäre einfach nicht die Art des intellektuellen Pfarrersohns aus Jena.

Christoph Matschie, parlamentarischer Staatssekretär im Bildungsministerium (Foto: Foto: ddp)

Aber Matschie hat als Staatssekretär im Bundesbildungsministerium mit der Forderung Schlagzeilen gemacht, die Zentrale Vergabestelle für Studienplätze abzuschaffen. Nach seinen Vorstellungen sollen sich die Universitäten ihre Studenten aussuchen dürfen.

Natürlich ist Matschie umgehend von seiner Ministerin Edelgard Bulmahn zurückgepfiffen worden. Doch auch das gehört zum kalkulierten Spiel. Der Thüringer SPD-Chef hat sich zumindest in der Bildungspolitik bundesweit als Modernisierer positioniert. Erst vor wenigen Wochen bekannte er sich gemeinsam mit anderen jungen Sozialdemokraten zu Studiengebühren. Nach einem Gespräch mit Bulmahn folgte ein halber Rückzieher.

Matschie, verheiratet mit einer Expertin für Rüstungskontrolle aus Eritrea, muss bis zur Landtagswahl am 13. Juni noch viel Profil zeigen, wenn er Thüringens Ministerpräsidenten Dieter Althaus ablösen will. Der Vogel-Nachfolger inszeniert sich überraschend gut auf nationaler Ebene, und bei den Thüringern kommt er ohnehin gut an.

Dem 42 Jahre alten Matschie dagegen wird vorgeworfen, dass er zu selten im Land sei und auch in Berlin keine Spuren hinterlasse. Die Distanz zwischen Berlin und Erfurt galt 1999, als der Theologe die Führung der Thüringer SPD übernahm, nicht nur als Manko. Nach einem verheerenden inneren Streit über den Umgang mit der PDS hatten die Sozialdemokraten bei der Landtagswahl ein Fiasko erlitten. Matschie kam von außen, schlichtete und führte die Partei zurück zu inhaltlichen Debatten über die Bildungspolitik und wirtschaftliche Konzepte.

Stets wirkt der meist hochkonzentriert auftretende passionierte Hochgebirgskletterer dabei zielstrebig, aber leise - ohne Neigung zur politischen Zaunrüttelei. Im DDR-Schulsystem hat der Pfarrerssohn früh gelernt, sich zu behaupten. Als er dann nicht Medizin studieren durfte, lernte er Krankenpfleger, um doch noch in den Beruf zu kommen.

Auch das wurde blockiert und so studierte er Theologie, kümmerte sich um Umwelt- und Entwicklungspolitik. In Wendezeiten gestaltete er am runden Tisch in Berlin den Übergang in die Demokratie mit und wurde bald einer der jüngsten Bundestagsabgeordneten.

Da er zu DDR-Zeiten stets Abstand zum SED-System gewahrt hat, muss Matschie in seinem Heimatland Thüringen im beginnenden Wahlkampf am häufigsten die Frage beantworten, wie er es mit der PDS halte. Da hat er bisher letzte Klarheit vermissen lassen. Zwar sagt Matschie immer, dass er mit den Sozialisten nicht regieren könne. Aber so ganz ausschließen will er es wohl doch nicht. Wie sonst will er Ministerpräsident werden?

© SZ vom 30.1.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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