Cholera in Haiti:Eine importierte Seuche

Nach der Wahl vermuten viele Haitianer Betrug und tragen ihre Wut darüber auf die Straße. In diese explosive Stimmung trifft eine Nachricht, die die Lage weiter verschärfen könnte - und die UN-Blauhelmsoldaten in Erklärungsnot bringt.

Autoreifen brennen und immer wieder fallen Schüsse: Die Wut der Menschen in Haiti über das Ergebnis der Präsidentenwahl entlädt sich gewaltsam. In diese ohnehin explosive Stimmung trifft nun eine Nachricht, die die Lage weiter verschärfen könnte: Erstmals hat eine wissenschaftliche Untersuchung die UN-Blauhelmsoldaten mit dem Ausbruch der Cholera in Haiti in Verbindung gebracht.

Cholera in Haiti: Brennende Reifen in Port-au-Prince: Wie in der haitianischen Hauptstadt protestieren die Menschen überall im Land gegen die ihrer Meinung nach gefälschten Ergebnisse der Präsidentenwahl.

Brennende Reifen in Port-au-Prince: Wie in der haitianischen Hauptstadt protestieren die Menschen überall im Land gegen die ihrer Meinung nach gefälschten Ergebnisse der Präsidentenwahl.

(Foto: AP)

In mehreren Städten des Landes kam nach der Bekanntgabe der Ergebnisse der Präsidentenwahl am Dienstagabend zu schweren Ausschreitungen. Tausende Menschen gingen auf die Straßen und machten ihrem Ärger über die Niederlage ihres Kandidaten, des populären Musikers Michel Martelly, Luft.

"Überall sind Schüsse zu hören"

"Überall in der Stadt brennen Reifen", berichtete eine Augenzeugin aus Port-au-Prince. "Und überall sind Schüsse zu hören." Nach Angaben des Senders Signal FM, griff die Polizei in Pétionville ein, um die Proteste in dem Vorort der haitianischen Hauptstadt zu beenden.

Die Wahlbehörde hatte zuvor mitgeteilt, dass Martelly als Drittplatzierter aus dem Rennen um die Präsidentschaft ausgeschieden sei. Den Abgaben zufolge führen nach dem ersten Wahlgang die Rechtsprofessorin Mirlande Manigat und Jude Celestin, der Kandidat des amtierenden Präsidenten René Préval.

Mehrfach seit den chaotischen Wahlen am 28. November war es im ganzen Land zu Demonstrationen gegen Unregelmäßigkeiten gekommen. Die Opposition unterstellt der Regierungspartei Inité, die Wahl zugunsten ihres Kandidaten Jude Celestin gefälscht zu haben. Auch die amerikanische Botschaft in Haiti äußerte Zweifel am Wahlergebnis. In einer am Dienstagabend veröffentlichten Mitteilung wurde den Haitianern die Unterstützung der USA zugesichert.

Nepalesische Blauhelme sollen Seuche eingeschleppt haben

Unterdessen bringt ein französischer Wissenschaftler UN-Blauhelmsoldaten erstmals konkret mit dem Ausbruch der Cholera im Land in Verbindung. Der bislang unveröffentlichte Bericht von Renaud Piarroux, der die Epidemie im Auftrag der haitianischen und französischen Regierung untersucht hatte, liegt der Nachrichtenagentur AP vor. Piarroux kommt darin zu dem Schluss, dass die Seuche sehr wahrscheinlich ihren Ursprung in kontaminiertem Wasser hatte, das aus einem Stützpunkt nepalesischer Blauhelme in der Nähe der Stadt Mirebalais austrat.

Das französische Außenministerium bestätigte, dass der Bericht abgeschlossen und an die haitianische Regierung und die Vereinten Nationen gesendet worden sei. Die Vereinten Nationen erwiderten am Dienstag, es sei dennoch nicht restlos gesichert, dass die Blauhelme für den Ausbruch verantwortlich seien. Mehr als 2000 Menschen fielen der Cholera bislang zum Opfer.

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