Chinas Geschichte seit 1949:Der lange Marsch zur Supermacht

Alle blicken auf das Wirtschaftswunderland China. Doch wer die Politik der Volksrepublik verstehen will, muss seine Geschichte kennen.

M. Kolb

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Das Jahr 1949 ist ein Wendepunkt in der modernen chinesischen Geschichte: Die Kommunisten erobern die Macht, ihre Soldaten nehmen im April Nanking (Nanjing) ein und kontrollieren einen Monat später auch Shanghai. Die Nationalisten der Kuomintang mit ihrem Anführer Chiang Kai-shek ...

Eine seltene Aufnahme aus der Zeit der Kriegswirren: Soldaten der chinesischen Roten Armee reiten 1943 durch ein Wüstengebiet in der Provinz Shaanxi. Bereits 1935/36 mussten Mao und die Kommunisten vor den Kuomintang flüchten und sich auf dem Langen Marsch zurückziehen. Foto: Xu Xiaobing

Mao Zedong, Geschichte Chinas, Taschen

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... fliehen nach Taiwan. Im Herbst sind die Vorbereitungen für den neuen Staat abgeschlossen: Mao Zedong ruft am 1. Oktober 1949 in Peking die Volksrepublik aus und spricht die berühmten Worte: "Das chinesische Volk hat sich erhoben."

Mao Zedong steht 1954 am Strand. Diese Pose wurde zum Vorbild für die berühmten Statuen, die im ganzen Land aufgestellt wurden. Foto: Hou Bo

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Es beginnt die Zeit der großen Kampagnen: Zunächst werden die "drei Antis" verkündet (Anti-Korruption, Anti-Verschwendung, Anti-Bürokratie): Das ganze Volk soll mithelfen, ein neues China zu schaffen. Es folgen die "fünf Antis": Sie richten sich gegen Korruption, Steuerhinterziehung, Betrug, Verrat von Staatsgeheimnissen sowie Veruntreuung von Staatseigentum.

Ein wütender Bauer zeigt bei einer Massenversammlung 1951 auf einen Grundbesitzer - mit Ausnahme Tibets führten die Kommunisten in ganz China Landreformen durch. Foto: Ru Suichu

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1950 besetzt die Armee das seit 1913 faktisch unabhängige Tibet, das die Kommunisten als einen historischen Teil Chinas ansehen. Sie propagieren die "Heimkehr ins Mutterland" und schlagen am 10. März 1959 einen Volksaufstand blutig nieder. Tausende Tibeter sterben, der Dalai Lama flieht nach Indien.

1954 tritt der junge Dalai Lama gemeinsam mit dem politischen Kommissar der Militärregion Chengdu (links) öffentlich auf. Foto: Yuan Kezhong.

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Mao setzt eine Landreform durch: Die Grundbesitzer werden entmachtet, der Boden unter den Bauern aufgeteilt. 1958 verkündet er den "Großen Sprung nach vorn", durch den die Produktivität der Landwirtschaft gesteigert werden soll. Es werden Volkskommunen gegründet - das sind nach militärischen Regeln organisierte Großkollektive, die das Leben ihrer Mitglieder völlig bestimmen und kontrollieren. Die Produktionsschlacht überfordert die Chinesen, hinzu kommen Naturkatastrophen und Planungsfehler, die zu einer schrecklichen Hungersnot führten. In den "drei bitteren Jahren" zwischen 1960 und 1962 sterben etwa 30 Millionen Menschen.

Ein typisches Bild im kommunistischen China: Der Parteifunktionär Ren Zonghi 1966 senkt demütig den Kopf und trägt ein Schild, auf dem ein Schuldeingeständnis zu lesen ist. Foto: Li Zhengsheng

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Innerhalb der Kommunistischen Partei Chinas entbrennt ein Machtkampf: Deng Xiaoping und Liu Shaoqi versuchen, Mao kaltzustellen und die Wirtschaft zu stabilisieren. Doch Mao duldet die Pragmatiker nur einige Zeit neben sich: Er hält Liu und Deng für Vertreter einer neuen Bourgeoisie und entmachtet sie. Um deren "revisionistischen Lehren" auszuschalten, ruft er 1966 die "Große proletarische Kulturrevolution" aus; auch der Kult um seine eigene Person beginnt.

Bei einer Kundgebung in Nanjing halten Arbeiter 1969 die Mao-Bibel in die Luft. Während der Kulturrevolution musste jeder seine Treue zu Mao beweisen. Foto: Xiao Zhuang

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Während der Kulturrevolution werden schätzungsweise 20 Millionen Menschen umgesiedelt: Vor allem Intellektuelle und Funktionäre werden aufs Land geschickt, um sich von den Bauern "umerziehen" zu lassen. Die Verbundenheit mit Verwandten und Familienmitgliedern soll gebrochen werden; Schulen und Universitäten werden geschlossen und Millionen Jugendliche werden in der Landwirtschaft eingesetzt.

Nachdem Mao die Kulturrevolution ausgerufen hatte, kümmerte sich seine Frau Jiang Qing um die Kultur. Sie verbot bis auf fünf Ausnahmen alle Pekingopern und ließ diese zu Modellopern umschreiben. Dieses Bild zeigt eine Szene aus dem Jahr 1971 aus der Oper "Shajiabang". Foto: Zhang Yaxin

Mao, Deng Xiaoping, China, Geschichte, Olympia, Taschen

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Die siebziger Jahre sind eine Zeit ständiger Machtkämpfe: 1974 wird der Reformer Deng Xiaoping wieder zum ersten Vizepremier ernannt und gewinnt an Einfluss. Mao ist zu diesem Zeitpunkt 81 Jahre alt.

Neben Mao Zedong gehörte Deng Xiaoping zu den prägendsten Figuren der chinesischen Politik: 1974 sitzt er rechts neben Mao. Foto: Du Xiuxian

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Mao stirbt am 9. September 1976. Im Streit um den künftigen Kurs des Landes setzt sich der Pragmatiker Deng Xiaoping gegen die kulturrevolutionäre Linke um die Mao-Witwe Jiang Qing durch. Qing gilt als Anführerin der Viererbande. So nennt die Staatsproproganda eine Gruppe, zu der auch die Spitzenpolitiker Wang Hongwen, Zhang Chunqiao und Yao Wenyuan gehörten. Die Viererbande wollte die radikale Ideologie der Kulturrevolution fortsetzen.

Zwei Mädchen, die Mitglieder der Jungpioniere sind, führen 1976 in Shangai einen Sketch auf, der die in Ungnade gefallene Mao-Witwe Jiang Qing anprangert. Foto: Liu Heung Shing

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Die vier Politiker wurden am 6. Oktober 1976 verhaftet, ein Jahr später aus der kommunistischen Partei ausgeschlossen und vor Gericht gestellt - ihnen wurde Sabotage, Unruhestiftung und die falsche Auslegung von Maos Lehren vorgeworfen, um die Macht im Staate an sich zu reißen. Die Todesstrafe gegen Qing wurde später in lebenslange Haft umgewandelt, die drei Männer wurden ebenfalls zu langen Haftstrafen verurteilt.

1981 verkündete die Partei ihre Einschätzung über Maos Kulturrevolution: Sie war ein Holocaust am eigenen Volk, doch bis heute sind Mao-Porträts in der Volksrepublik allgegenwärtig.

Ungewohnte Bilder aus der Volksrepublik: Marschall Ye Jianying hält 1973 Hof an einem Strand in Hainan. Der Marschall spielte eine wichtige Rolle bei der Verhaftung der "Viererbande", durch die die Kulturrevolution endete.

Foto: Du Xiuxian

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Der rasante wirtschaftliche Aufschwung beginnt in den achtziger Jahren. Deng Xiaoping hatte 1978 einen wirtschaftlichen Reformkurs durchgesetzt und das Riesenreich mit seinem Plan der "Vier Modernisierungen" geöffnet. Im gleichen Jahr unterzeichnen Deutschland und China ein Abkommen über wissenschaftlich-technologische Zusammenarbeit.

Ein bisschen Spaß muss sein: Ein Rollschuhfahrer fährt 1981 an einer großen Mao-Statue vorbei. Foto: Liu Heung Shing

Coca Cola, China, Geschichte, Olympia, Taschen

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1979 nimmt die Volksrepublik diplomatische Beziehungen zu den USA auf und auch die Bürger erhalten etwas mehr Freiheiten. Als einer der ersten deutschen Konzerne engagiert sich Volkswagen im Reich der Mitte. China richtet vier Sonderwirtschaftszonen ein und Deng Xiaoping umwirbt die im Ausland lebenden Chinesen: Er verspricht, ihnen die enteigneten Besitztümer wiederzugeben und sorgt so für neue Investitionen.

Symbol der Öffnung: Ein Jugendlicher schwenkt in der Verbotenen Stadt in Peking eine Flasche Coca-Cola. Die Zuckerbrause wurde bereits zwischen 1928 und 1949 in China produziert - 1980 wurde erneut eine Fabrik eröffnet. Foto: Liu Heng Shing

Hinrichtung, China, Geschichte, Olympia, Taschen

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Trotz der zweistelligen Wachstumsraten und mehr Freiheiten für die Bevölkerung versucht die Kommunistische Partei Chinas (KPCh), die Kontrolle über das Land zu behalten. Demokratie wird nicht zugelassen und öffentliche Hinrichtungen sind an der Tagesordnung. Auch heute werden nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen in China mehr Todesstrafen vollstreckt als in allen anderen Ländern der Welt zusammen.

In der Provinz Hubei findet 1989 eine öffentliche Hinrichtung statt, viele werden in Sportstadien vollzogen. Ihre Zahl wird auf 15.000 pro Jahr geschätzt; 2003 wurde der vorher übliche Kopfschuss durch eine tödliche Spritze ersetzt. Foto: Qiu Yan

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Am 4. Juni 1989 werden Studentenproteste gewaltsam niedergeschlagen: Panzer der Volksbefreiungsarmee rollen über den Platz des himmlischen Friedens (Tiananmen). Die Zahl der Todesopfer schwankt zwischen 200 und 10.000. Der reformfreundliche Ministerpräsident Zhao Ziyang wird seiner Ämter enthoben und steht bis zu seinem Tod 2005 unter Hausarrest. Gründe für die Demonstrationen und Proteste gibt es viele: Korruption im Staatsapparat, steigende Preise sowie ...

Rikschafahrer transportieren im Juni 1989 zwei verwundete Demonstranten ins Krankenhaus. Foto: Liu Heung Shing

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... der Wunsch nach Meinungsfreiheit und Demokratie. Bis heute ist es chinesischen Medien verboten, über den "Vorfall vom 4. Juni" zu schreiben, internationale Websites über das Thema werden blockiert. Neuer Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas wird Jiang Zemin, der im Herbst 1989 nach dem Rücktritt Deng Xiaopings von seinem Posten als Vorsitzender der Zentralen Militärkommission der KPCh auch dieses Amt übernimmt und die chinesische Politik in den neunziger Jahren prägt. Als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist kein internationaler Konflikt ohne Peking zu lösen - nicht nur die heutigen Krisenherde Nordkorea, Sudan und Iran.

Ein junges Paar wartet in einer Unterführung, während auf der Straße über ihnen Panzer rollen. Foto: Liu Heung Shing

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In den neunziger Jahren bricht der weltweite China-Boom aus: Nur die USA ziehen noch mehr ausländisches Kapital an als die Volksrepublik, gerade in Shanghai wird rund um die Uhr gebaut. Am 1. Juli 1997 wird die britische Kronkolonie Hongkong an die Chinesen übergeben - das Motto "ein Land, zwei Systeme" bleibt erhalten. 1999 wird auch die portugiesische Kolonie Macao chinesisch. In kaum einen anderen Land sind die Unterschiede zwischen Reich und Arm so groß wie in China. Millionen Männer und Frauen ziehen aus der Provinz in die Städte, um als Wanderarbeiter auf den vielen Baustellen nach Arbeit zu suchen - sie hoffen, ihren Kindern ein besseres Leben bieten zu können.

Auf dieser Aufnahme aus dem Jahr 2005 ziehen Wanderarbeiter ein Boot an Seilen stromaufwärts. Sie sind nackt, um ihre wenigen Kleidungsstücke zu schonen. Foto: Qin Wen

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2001 tritt China der Welthandelsorganisation bei und beliefert die Welt mit den dort hergestellten Waren. Bei vielen Chinesen wächst der Wunsch nach dem Luxus der Industriestaaten - auch wenn die eigene Lebenssituation ganz anders aussieht.

Im November 2002 wird Hu Jintao zum neuen Generalsekretär der KPCh gewählt. 2003 wird er zum Staatspräsidenten gewählt und ...

Eine Frau ruht sich in ihrem winzigen Zimmer in Shanghai aus. Die Wände sind mit Titelbildern von Magazinen beklebt. Foto: Hu Yang.

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... seit März 2005 ist er ohne Zweifel der mächtigste Politiker in China: Von Jiang Zemin übernimmt er den Vorsitz der Zentralen Militärkommission und hat somit die drei wichtigsten Ämter im Staat inne. Unter seiner Regierung tritt China immer selbstbewusster auf und zeigt seine Stärke auf immer mehr Gebieten - auch in der Raumfahrt.

Ein weiterer Schritt zur Weltmacht: In der Wüste Gobi startet im Oktober 2005 die Shenzhou 6-Rakete. Zwei Taikonauten umkreisen im Raumschiff fünf Tage lang die Erde, bevor sie wieder landen. Foto: Zheng Pingping

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Im Jahr 2007 ereignet sich eine mittlere Revolution: Der Volkskongress billigt das erste Eigentumsgesetz in der chinesischen Geschichte - damit sind in dem noch immer offiziell kommunistischen Land privater Besitz und öffentliches Eigentum gleichberechtigt. Die Olympischen Spiele sind das ...

Die Immobilienpreise in China erreichen schwindelerregende Höhen: Überall werden Häuser abgerissen, um neue Wolkenkratzer und Bürogebäude zu bauen - viele Bürger können sich nicht wehren. Auch der berühmte Xianyang-Markt in Shanghai muss im Juni 2006 schließen - in der Millionenmetropole braucht man Platz. Foto: Xu Haifeng

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... wichtigste Thema für die Staatsführung in Peking: Sie investiert Milliardenbeträge in neue Sportstätten und Infrastrukturprojekte, um der Welt eines zu zeigen: China nimmt den Platz ein, der seiner jahrtausendelangen Geschichte würdig ist, und ist zugleich weltoffen und modern. Doch die Welt blickt immer kritischer auf die neue Wirtschaftsmacht: Die Tibetfrage ist noch immer nicht geklärt, die Menschenrechtslage hat sich nicht verbessert, das Internet wird streng überwacht und viele Kritiker wurden bereits im Vorfeld der Spiele mundtot gemacht. Dennoch zeigt die Reaktion auf das schreckliche Erdbeben in Sichuan mit 70.000 Toten, dass China sich den verfeindeten Nachbarn öffnet: Peking akzeptierte Hilfe aus Japan, Südkorea und Russland und berichtete in ungewohnter Offenheit im Staatsfernsehen über die Rettungsaktionen. Es bleibt abzuwarten, wie sich China in Zukunft entwickeln wird.

China im Jahr 2007: Moderne Kunst und Fotografie aus dem Reich der Mitte werden weltweit zu immer höheren Preisen verkauft. Für diese Aufnahme posiert ein kleines Mädchen mit einer Kopfbedeckung aus einer traditionellen Pekingoper. Foto: Zhang Peng

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Alle Bilder dieser Fotostrecke entstammen dem Band "China. Porträt eines Landes", der im Taschen-Verlag erschienen ist. Auf 422 Seiten hat Herausgeber und Pulitzer-Preisträger Liu Heng Sheng Bilder aus allen Regionen Chinas zusammengetragen, die meist von den Verlegern und Fotografen aus Angst vor Zensur zurückgehalten wurden.

Foto: TASCHEN

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