China-Reise der Kanzlerin:Merkel buhlt um Pekings Billionen-Reserven

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Die Kanzlerin reist nach China und wird dort vor allem für Vertrauen in die Euro-Zone werben. Merkel will in Peking zwar "nicht als Investmentbankerin auftreten" doch das Ziel der Visite ist klar: Die Asiaten für Investitionen in den Euro-Rettungsfonds gewinnen.

Robert Roßmann

Bundeskanzlerin Angela Merkel will bei ihrer China-Reise in dieser Woche um Vertrauen in die Euro-Zone werben. In Peking warte man gespannt auf eine Erklärung der Brüsseler Gipfelbeschlüsse durch die Kanzlerin, hieß es am Dienstag in Regierungskreisen. China habe als Exportnation großes Interesse an einem stabilen Euro. Pekings Devisenreserven belaufen sich auf mehr als drei Billionen Dollar.

Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Cover eines chinesischen Magazins. (Foto: dpa)

Die Europäer hoffen deshalb auf Investitionen der Asiaten in den Euro-Rettungsfonds. Bisher sind entsprechende Erwartungen nicht erfüllt worden. Merkel werde in Peking zwar "nicht als Investmentbankerin auftreten", hieß es in Berlin. Am Donnerstag werde sich die Kanzlerin aber im Pekinger China Club mit Vertretern der Finanzwirtschaft treffen.

Bei Gesprächen mit Premierminister Wen Jiabao und Staatspräsident Hu Jintao will Merkel auch über Iran und Syrien reden. Wegen des Atomstreits hat die Europäische Union einen Öl-Boykott gegen Iran verhängt. Die Europäer befürchten, dass China den europäischen Anteil an den Ausfuhren übernimmt und das Embargo dadurch wirkungslos bleibt. Auch in der Auseinandersetzung des Westens mit Syriens Präsidenten Baschar al-Assad treten die Chinesen bisher als Bremser auf. Merkel will in Peking für eine gemeinsame UN-Resolution gegen das Regime in Damaskus werben

Drei Anliegen

Außerdem werden die Staats- und Regierungschefs über die Klimapolitik reden. Deutschland wünscht sich in allen Punkten, dass Peking international stärker politische Verantwortung übernimmt. Bisher entspreche die Rolle noch nicht der gewachsenen wirtschaftlichen Bedeutung des Landes.

Bei der am Mittwoch beginnenden Reise geht es aber natürlich auch um nationale Interessen Deutschlands. China ist inzwischen zweitgrößtes Import- und fünftwichtigstes Exportland der Bundesrepublik. 800 chinesische Unternehmen sind in Deutschland engagiert. Diese Firmen können sich, von einigen Sicherheitsauflagen abgesehen, frei entfalten. Deutsche Konzerne, die in China investieren, müssen dagegen viele Hürden überwinden. Merkel will sich auf ihrer Reise deshalb vor allem um einen besseren Marktzugang bemühen.

Dabei hat sie drei Anliegen: Der Schutz geistigen Eigentums soll verbessert werden, damit das ärgerliche Kopieren deutscher Innovationen schwerer wird. Der Joint-Venture-Zwang soll gelockert werden, bisher können deutsche Firmen nur zusammen mit einem inländischen Partner agieren. Außerdem soll Ausländern der Zugang zu öffentlichen Aufträgen erleichtert werden.

Merkel wird von etwa 20 Wirtschaftsvertretern begleitet, unter ihnen viele Vorstandsvorsitzende von Dax-Konzernen. Der Kanzlerinnen-Tross fliegt deshalb auch nach Guangdong. Die Partner-Provinz des Freistaats Bayern ist die wirtschaftsstärkste Region Chinas. Dort sind bereits 500 deutsche Firmen engagiert. Anders als bei der China-Reise vor zwei Jahren sind aber keine größeren Geschäftsabschlüsse geplant. Beim letzten Mal hatte es dafür sogar eine aufwendige Zeremonie gegeben. Mit Freude wurde in Berlin aufgenommen, dass Wen Jiabao die Kanzlerin nach Guangdong begleitet. Dies sei ein Zeichen der Wertschätzung, weil Peking Deutschland "als wichtiges Ankerland in der EU" sehe.

Das Thema Menschenrechte solle ebenfalls angesprochen werden, hieß es in Regierungskreisen. Die Minderheiten - Uiguren, Tibeter und Mongolen - müssten gebührend geschützt werden. Eigene Termine dazu sind auf der Reise aber nicht vorgesehen. Die sogenannte "Begegnung mit der Zivilgesellschaft" besteht diesmal lediglich aus einem Treffen mit sechs Chinesen, die als Stipendiaten in Deutschland studiert haben und der Kanzlerin von "ihren Erfahrungen und interessanten Tätigkeiten heute" berichten sollen.

© SZ vom 01.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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