China:Razzien gegen Menschenrechtsanwälte

Seit kaum zwei Wochen ist es in Kraft: das neue Gesetz für nationale Sicherheit, für das China weltweit kritisiert wurde. Und schon zeigen sich die Folgen: Seit Freitag läuft eine Verhaftungswelle gegen Menschenrechtler.

In der seit Jahren größten Verfolgungswelle gegen Bürgerrechtsanwälte haben chinesische Sicherheitsbehörden Dutzende Menschen festgesetzt. Die Behörden warfen Anwälten vor, eine "kriminelle Vereinigung" gebildet und "ernsthaft die öffentliche Ordnung gestört" zu haben. In einer landesweiten Aktion waren seit Freitag mehr als 50 Anwälte, Mitarbeiter von Kanzleien und Aktivisten "verschwunden, festgenommen oder von der Polizei einbestellt worden", wie die Menschenrechtsorganisation Amnesty International mitteilte. Ein solches Vorgehen habe es seit dem Arabischen Frühling 2011 nicht mehr gegeben. Damals hatten die Sicherheitsbehörden gegen befürchtete "Jasmin-Proteste" mobil gemacht, damit der Funke der demokratischen Bewegungen in der arabischen Welt nicht überspringt. Die Repressalien fanden weniger als zwei Wochen nach der Verabschiedung des neuen Gesetzes für nationale Sicherheit statt, das weltweit auf Kritik gestoßen war.

Die Repressalien sind die Folge eines neuen Sicherheitsgesetzes

Die Vorwürfe der Behörden richten sich vor allem gegen die Kanzlei Fengrui. Ihr Anwalt Zhou Shifeng hatte die Zeit-Mitarbeiterin Zhang Miao vertreten, die am Freitag nach neun Monaten Haft ohne Anklage zunächst freigekommen war, anschließend aber laut Diplomaten "entführt" wurde. Unter den Festgenommenen war auch die Fengrui-Anwältin Wang Yu. Sie hatte die Verteidigung des zu lebenslanger Haft verurteilten uigurischen Wirtschaftsprofessors Ilham Tohti oder der 2014 in Haft ums Leben gekommenen Aktivistin Cao Shunli übernommen. Festgenommen wurde auch der Pekinger Anwalt Li Heping, der den blinden Bürgerrechtler Chen Guangcheng vertreten hatte.

Die Menschenrechtslage wird voraussichtlich ein Thema beim dreitägigen China-Besuch von Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD), der am Mittwoch in Peking erwartet wird.

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