China:Kurssturz schockiert die Finanzwelt

Der Aktienindex Dax sinkt infolge der chinesischen Börsenkrise unter die 10000-Punkte-Marke. Der amerikanische Investor George Soros fühlt sich an die Weltfinanzkrise im Jahr 2008 erinnert.

Von Harald Freiberger und Christoph Giesen

Neue Kursstürze in China verunsichern die globalen Finanzmärkte. Bereits zum zweiten Mal innerhalb einer Woche wurde am Donnerstag an den Börsen Shanghai und Shenzhen der Handel vorzeitigt ausgesetzt, weil der CSI-300-Index, der die wichtigsten chinesischen Aktien abbildet, erneut um sieben Prozent eingebrochen war. In der Folge gaben auch die Kurse an den europäischen Börsen teils deutlich nach. Der Deutsche Aktienindex (Dax) in Frankfurt sackte zeitweise um mehr als vier Prozent ab und notierte erstmals seit Oktober wieder unter 10 000 Punkten; später erholte er sich etwas. Vor allem Papiere der deutschen Autohersteller, die einen Großteil ihres Gewinns in China erwirtschaften, waren betroffen.

Die Sorge vor einem Abkühlen des Wachstums der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt ist groß, gerade für die exportorientierte deutsche Wirtschaft könnte das massive Auswirkungen haben. "Man hat fast den Eindruck, dass China für die Kapitalmärkte heute das ist, was früher die USA waren", sagte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank.

Während Anfang der Woche vor allem schwache Zahlen aus der chinesischen Industrie die Kurse gedrückt hatten, wurde am Donnerstag die plötzliche Abwertung der Landeswährung Yuan für die Kursverluste verantwortlich gemacht. Die Zentralbank in Peking hatte den Referenzwechselkurs am Donnerstag zum achten Mal innerhalb kurzer Zeit gesenkt. Das schürte neues Misstrauen: Fachleute sehen darin den Versuch Chinas, die eigene Wirtschaft zu stützen. Der Verdacht: Um die Konjunktur im Land steht es noch schlechter als gedacht. "Ich würde sagen, das wächst sich zu einer Krise aus", sagte der Investor George Soros. "Wenn ich mir die Finanzmärkte anschaue, dann gibt es dort ernste Probleme. Das erinnert mich an die Krise, die wir 2008 hatten." Auch der britische Schatzkanzler George Osborne äußerte sich besorgt: "Unsere Wirtschaft steht zu Jahresbeginn vor einem gefährlichen Cocktail von Bedrohungen aus dem Ausland."

Der Grund für den neuerlichen Handelsabbruch war eine Anfang des Jahres erlassene Börsenregel, wonach alle Geschäfte ausgesetzt werden müssen, sobald Kurse der 300 wichtigsten Aktien Chinas um mehr als sieben Prozent fallen. Gedacht war das eigentlich als Sicherheitsmaßnahme, um Kursstürze wie etwa im vergangenen Sommer zu begrenzen. Damals hatten Chinas Aktien binnen weniger Wochen ein Drittel an Wert verloren. Erst Stützkäufe und Handelsverbote konnten den Crash zeitweilig eindämmen. Die neuen Vorschriften hätten nun jedoch das Gegenteil bewirkt, sagt Sebastian Heilmann, Direktor des Mercator Institute for China Studies in Berlin: Sie hätten "den Verkaufsdruck akut beschleunigt". Am Donnerstagabend gab die chinesische Börsenaufsicht bekannt, den Zwangsstopp vorläufig außer Kraft zu setzen.

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