Chefin der Exil-Uiguren: Rebiya Kadeer:Chinas Staatsfeind Nr. 1

Die Proteste der Uiguren haben sie ins Rampenlicht gestoßen: Rebiya Kadeer legt sich mit der Regierung in Peking an. In ihrer Heimat Xinjiang stehen sich unterdessen Han-Chinesen und Uiguren bewaffnet gegenüber.

Für das offizielle China ist sie eine Terroristin, die Unruhen unter den Uiguren schürt. Für viele ihrer Landsleute ist die zierliche Frau eine Heldin, die den Mut hatte, mit der Pekinger Führung zu brechen. Die 62-jährige Rebiya Kadeer hat in drei Kulturkreisen gelebt, innerhalb des chinesischen Systems eine erfolgreiche Karriere gemacht und sich dann zur wichtigsten Aktivistin für die Rechte der muslimischen Uiguren gewandelt.

Chefin der Exil-Uiguren: Rebiya Kadeer: Chefin der Exil-Uiguren: Rebiya Kadeer

Chefin der Exil-Uiguren: Rebiya Kadeer

(Foto: Foto: dpa)

Kadeer wuchs in relativer Armut in der uigurischen Provinz Xinjiang heran, begann dann mit einer Wäscherei und wurde in den neunziger Jahren eine der erfolgreichsten und reichsten Geschäftsfrauen in China. In der Provinzhauptstadt Urumqi hatte sie ein Warenhaus, wurde Mitglied der Kommunistischen Partei, stieg in deren Rängen auf und wurde schließlich Abgeordnete ihrer Provinz im Pekinger Volkskongress.

Doch die brutale Niederschlagung uigurischer Proteste 1997 durch die chinesische Armee rüttelte sie auf. Als sie 1997 die Politik der chinesischen Regierung in der Provinz Xinjiang scharf verurteilte, wurde sie kurz darauf aus dem Volkskongress ausgeschlossen. 1999 verurteilte sie ein Gericht wegen angeblicher Weiterverbreitung von Staatsgeheimnissen zu acht Jahren Gefängnis.

Kadeer hatte ihrem im US-Exil lebenden Ehemann Zeitschriften-Ausschnitte geschickt. Im Gefängnis wurde sie nach eigenen Angaben Zeugin von Folter, Vergewaltigungen und Hinrichtungen.

2005 wurde Kadeer "wegen gesundheitlicher Probleme" - aber wohl auch auf Druck der USA - vorzeitig entlassen. Seither lebt sie in den USA und hat in Washington die Position der Vorsitzenden des Uigurischen Weltkongresses.

Vehement wehrt sie sich immer wieder gegen den Vorwurf Pekings, die uigurischen Aktivisten seien muslimische Extremisten und Terroristen. Die Menschen seien in ihrer Heimat so eingeschüchtert, kontrolliert und würden mit so harter Hand unterdrückt, dass selbst Eltern und Kinder sich gegenseitig misstrauten, beklagt sie. Die Verwendung der uigurische Sprache sei streng verboten.

In den USA veröffentlichte die Mutter von elf Kindern auch das ins Deutsche übersetzte Buch "Die Himmelsstürmerin: Chinas Staatsfeindin Nr. 1", in der sie ihr abwechslungsreiches Leben schildert. Sie wurde mehrfach für den Friedensnobelpreis nominiert und galt zuletzt 2008 als aussichtsreiche Kandidatin.

Proteste in Urumqi

In ihrer Heimat, der chinesischen Uiguren-Provinz Xinjiang, gehen die Proteste weiter. Nach Angaben von Augenzeugen stehen sich in manchen Viertel der Provinzhauptstadt Urumqi mit Knüppel bewaffnete Han-Chinesen und Uiguren gegenüber. Ein Großaufgebot von Polizei und paramilitärischen Truppen versuche, wieder Ordnung herzustellen.

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(Foto: SZ-Karte)

Der staatlichen Agentur Xinhua zufolge hätten sich Bewohner einiger Wohnviertel zur Selbstverteidigung mit Holz- und Eisenknüppeln bewaffnet. Zahlreiche Menschen hätten im zentralen Krankenhaus der Provinzhauptstadt Urumqi Zuflucht gesucht.

Xinhua berichtete weiter, einige Protestler hätten Steine auf Reporter der staatlichen Nachrichtenagentur geworfen. Die Agentur zitierte auch einen Bewohner, bei dem es sich um einen Chinesen zu handeln schien, mit den Worten, er und andere seien bereit "zurückzuschlagen", falls sie von Demonstranten angegriffen würden.

Berichte unabhängiger Medien gibt es kaum. Eine Rezeptionistin eines Hotels direkt am Platz des Volkes in Urumqi berichtete der dpa, vor dem Hotel hätten sich uigurische Demonstranten versammelt. Sie hätten teilweise Knüppel und riefen Slogans. Bewaffnete Polizei habe direkt vor dem Hotel Position bezogen. Der Fernsehsender BBC berichtete, die Demonstranten hätten die Freilassung von mehreren hundert inhaftierten Uiguren verlangt.

Zuvor waren Hunderte Uiguren auf die Straße gegangen, gerade als die Behörden ausländische Journalisten durch die Provinzhauptstadt Urumqi führten. Ein BBC-Korrespondent berichtete, es seien diesmal vor allem Frauen gewesen, die protestierten. Chinesische Medien berichteten, etwa 300 Demonstranten hätten die 60 ausländischen Journalisten umringt und Slogans gerufen.

Bei Protesten am Sonntag waren mehr als 150 Menschen getötet und mehr als 1000 verletzt worden. Nach den Auseinandersetzungen nahm die Polizei mehr als 1400 Verdächtige fest, berichtete Xinhua. Nach Angaben des BBC-Korrespondenten zogen Polizisten von Haus zu Haus und nahmen vor allem junge Männer fest.

Viele Uiguren fühlen sich von China unterdrückt und fordern mehr Selbstbestimmung. Bei den Protesten am Sonntag hatten die Demonstranten die Aufklärung des Todes zweier uigurischer Fabrikarbeiter im Juni verlangt. Am 25. Juni waren Uiguren in einer großen Spielzeugfabrik in Shaoguan in Südchina von einem Mob angegriffen worden, nachdem Gerüchte auftauchten, dass Angehörige der muslimischen Minderheit zwei Chinesinnen vergewaltigt hätten.

Nun nahm die Polizei in der Provinz Guangdong 13 Verdächtige fest, berichteten staatliche Medien am Dienstag. Sie sollen in die gewalttätigen Demonstrationen in Shaoguan verwickelt gewesen sein. Zudem wurden zwei andere Verdächtige in Haft genommen, weil sie im Internet die Vergewaltigungsgerüchte verbreitet hatten.

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