Chef des Bundespräsidialamtes:Wenn einer eine Reise tut

Bundespräsident Gauck besucht Straßburg

Der Präsidenten-Begleiter: Auf dem Flug nach Frankreich bespricht sich Bundespräsident Joachim Gauck mit dem Chef des Präsidialamts, David Gill (links).

(Foto: dpa)

Joachim Gaucks Amtschef David Gill sitzt wenig am Schreibtisch. Anders als seine Vorgänger zeigt er sich viel und gibt den stets hilfreichen Präsidenten-Begleiter. Nun aber offenbart eine auf den ersten Blick harmlose Personalie, dass diese Art der Amtsführung auch Probleme birgt.

Von Stefan Braun

Die Namen sagen den meisten Menschen nichts. Rüdiger Frohn? Gert Haller? Lothar Hagebölling? Nein, die drei gehören nicht zu den Berühmtheiten in der Hauptstadt. Dabei dienten alle drei schon an höchster Stelle. Alle drei nämlich leiteten das Amt des Bundespräsidenten - Frohn bei Johannes Rau, Haller bei Horst Köhler und Hagebölling bei Christian Wulff. Dass man sie kaum kannte, gehörte zu ihrem Selbstverständnis. Sie organisierten in aller Ruhe und Verschwiegenheit das Amt des Staatsoberhaupts und kümmerten sich akribisch darum, dem Präsidenten den Rücken für Reden und Auftritte frei zu halten. Nur bei wichtigsten Auslandsreisen verließen sie ihren Schreibtisch. Ansonsten planten und dienten sie hinter den Mauern des Präsidialamts.

Joachim Gauck hat auch einen Amtschef. Er heißt David Gill, war zuletzt Oberkirchenrat und gilt als enger Freund des Bundespräsidenten. Nach gut einem Jahr lässt sich festhalten, dass der stets freundliche Gill anderen Prinzipien folgt als seine Vorgänger. Er reist so gut wie immer mit, auch bei den Ein-Tages-Besuchen. Er zeigt sich viel und wirkt so nicht wie ein Amtsleiter, sondern wie ein Chefassistent und Präsidenten-Begleiter.

So jedenfalls sieht es aus, und bislang ist das außerhalb von Schloss Bellevue nicht als Problem aufgefallen. Das aber könnte sich ändern. Schuld daran ist eine Personalie, die auf den ersten Blick harmlos anmutet, aber ein Schlaglicht auf Probleme in der Amtsführung lenken dürfte. Seit Mitte des Monats sucht der Präsident einen neuen Planungschef und Chef-Redenschreiber, und das nur ein Jahr nachdem die Stelle neu besetzt wurde.

Manche halten die Doppelrolle für eine Überforderung

Bislang versah die Aufgabe Wolfram Stierle, den Gill aus dem Planungsstab des Entwicklungsministeriums geholt hatte. Und weil für seinen Abschied kein Grund genannt wurde, wuchern Spekulationen. Manche Kritiker im Amt sagen, der Sozialdemokrat Stierle sei allzu ruppig aufgetreten. Andere flüstern, der Präsident sei schlicht mit manchem Plan und mancher Rede unzufrieden gewesen. Aber es gibt auch jene, die eine Doppelrolle als Planungschef und Redenschreiber für eine Überforderung halten und - absichtlich oder nicht - den Blick auf Gill lenken.

Laut Ausschreibung soll der Neue nicht nur "Inhalte und Prozesse bei der Erarbeitung von Reden steuern". Er soll auch die "strategische Themen- und Langzeitplanung" entwerfen und "gesellschaftliche und politische Entwicklungen analysieren". Wer das liest, fragt sich leise: Ist das nicht die Aufgabe, die Gill erledigen müsste? Bei Frohn, Haller, Hagebölling war klar: Sie schmeißen den Laden und kümmern sich um die großen Linien.

Joachim Gauck setzte mit Gill nicht auf einen Verwaltungs- und Politikexperten, sondern einen Vertrauten. Dabei hatte er sich 1990 zu Recht anders entschieden. Als Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde holte er sich in Hansjörg Geiger einen bayerischen Verwaltungsfachmann an seine Seite. Geiger wurde für Gauck sehr schnell das, was Gill für Gauck nicht so recht sein möchte: ein Amtschef, der sich im umfassenden Sinn um das Amt kümmert. Gauck schreibt in seiner Biografie, Geiger habe ihn gelehrt, "dass man mit gutem Willen allein keine Behörde leiten kann". Könnte sein, dass er sich daran derzeit erinnert.

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