Chaos nach der Landtagswahl:Althaus verwirrt Thüringen

Dieter Althaus, Thüringens zurückgetretener Ministerpräsident, kehrt ins Amt zurück und will vorerst weiterregieren. Die CDU-Parteifreunde sind entsetzt - und mögliche Nachfolger erstmal ausgebremst.

Christiane Kohl, Erfurt

Dieter Althaus hat in der Thüringer CDU Irritation ausgelöst: Nachdem er am vergangenen Donnerstag "mit sofortiger Wirkung" auf sein Amt als Ministerpräsident verzichtet hatte, ließ er am Montag über seinen Regierungssprecher ankündigen, dass er die Amtsgeschäfte wiederaufnehme und am heutigen Dienstag die Kabinettssitzung in Erfurt leiten werde.

Einzelne CDU-Abgeordnete reagierten mit Entsetzen auf die Ankündigung, hingegen begründete CDU-Fraktionschef Mike Mohring den Schritt mit der Thüringer Landesverfassung. "Es gilt der Leitsatz: regiert wird immer", so Mohring zur Süddeutschen Zeitung. Althaus habe daher keine andere Wahl, als in sein Amt zurückzukehren.

Parteifreunde sind erheblich verwundert

Tatsächlich sieht Paragraph 75 der thüringischen Landesverfassung vor, dass auch ein zurückgetretener Ministerpräsident die Amtsgeschäfte fortführen muss - es sei denn, es gibt zwingende Gründe, die das verhindern. Diese könnten etwa in einer Krankheit liegen. Doch davon, dass er möglicherweise aufgrund seines Skiunfalls vom Jahresanfang noch oder wieder krank sein könnte, will Althaus offenbar nichts wissen.

Offiziell war er nach seiner Rücktrittserklärung vom Donnerstag nur kurzfristig in Urlaub gegangen, wie Regierungssprecher Fried Dahmen bestätigte. Dahmen wollte nicht dazu Stellung nehmen, warum Althaus seinen Rücktritt am vergangenen Donnerstag dann überhaupt "mit sofortiger Wirkung" erklärt hatte.

Althaus will auch sein Landtagsmandat wahrnehmen, wie CDU-Fraktionschef Mohring bestätigte: "Er ist der Abgeordnete mit dem besten Erststimmenergebnis in der Fraktion", so Mohring. Tatsächlich war Althaus in seinem Wahlkreis in Heiligenstadt mit 54 Prozent der Erststimmen wiedergewählt worden - allerdings hatte er auch die höchsten persönlichen Verluste zu verzeichnen.

Unterdessen reagierten einzelne CDU-Abgeordnete mit erheblicher Verwunderung über Althaus' Schritt. Dadurch werde der notwendige Neuanfang erschwert, mutmaßten Parlamentarier im Gespräch mit der SZ: "Er wird doch da nicht als normaler Abgeordneter sitzen", meinte ein CDU-Politiker, und er forderte: "Jetzt muss die Bundespartei sich einschalten und uns helfen."

Althaus' plötzliche Rückkehr dürfte mit einem Machtkampf innerhalb der thüringischen CDU zu tun haben. So können sich der katholische und der evangelische Flügel in der Landespartei offenbar nicht über seine Nachfolge einigen, und dies weder für das Amt des Ministerpräsidenten in einer möglichen schwarz-roten Koalition, noch für den Posten des CDU-Landesvorsitzenden.

Lagerdenken in der Thüringer CDU

Zwei Frauen gelten als Favoritinnen für die beiden Ämter: Finanzministerin Birgit Diezel und Sozialministerin Christine Lieberknecht, beide 51 Jahre alt. Sie werden jedoch dem evangelischen Flügel zugerechnet. Offenbar um die beiden Frauen von der Macht fernzuhalten, war in der thüringischen CDU sogar die Idee entstanden, den einstigen Regierungschef Bernhard Vogel zurückzubitten.

Wie aus der CDU-Fraktion in Erfurt bestätigt wird, war der 76-jährige Vogel gebeten worden, auf Seiten der CDU die Sondierungsgespräche mit der SPD zu führen. Er habe dies jedoch abgelehnt. SPD-Landeschef Christoph Matschie verlangte im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung: "Die CDU muss jetzt rasch klären, wer die Fäden in der Hand hat."

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