Ceuta:Vor dem Zaun

Die spanischen Enklaven ziehen Flüchtlinge an. Zeit für eine radikale Idee.

Von Thomas Urban

Lediglich sehr wenige der Afrikaner, die über die spanischen Exklaven Ceuta und Melilla auf EU-Gebiet gelangen, sind politische Flüchtlinge. Vielmehr sind sie der Illusion erlegen, Europa biete ihnen grandiose Lebenschancen. Sie werden sehr schnell und sehr tief enttäuscht. Wenn sie in der Heimat blieben, würden die allermeisten glücklicher werden. Diese nüchterne Erkenntnis stammt von Mitarbeitern der spanischen Caritas, die die meist jungen Männer umsorgt.

Doch Aufklärungskampagnen in den Herkunftsländern der Migranten hatten bislang kaum Erfolg. Also werden die vermaledeiten Grenzzäune stehen bleiben, sonst würden Hunderttausende kommen. Auch kann Spanien seine beiden Exklaven kaum aufgeben - 99 Prozent ihrer Einwohner wollen EU-Bürger bleiben, auch die Muslime, deren Elite eine wichtige Rolle in Politik und Medien spielt.

Die EU wird also weiterhin bei der Sicherung dieser Außengrenze eng mit Marokko zusammenarbeiten, so ungemütlich dies klingen mag, schließlich ist das Königreich alles andere als eine Musterdemokratie. Doch Rabat ist auch offen für die Vorschläge des Westens. Aus diesem Grunde sollte über einen bislang tabuisierten Schritt nachgedacht werden: die erste Sichtung von Asylbewerbern durch EU-Beamte auf marokkanischem Boden. Auf diese Weise könnten viele Verletzungen am Grenzzaun verhindert und etliche Menschenleben gerettet werden.

© SZ vom 21.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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