CDU/CSU:Union schwächelt bei der Außenpolitik

Die Ukraine-Krise offenbart ein Defizit in der Unionsfraktion: Neben einer einheitlichen Haltung gegenüber Russland fehlen auch profilierte Außenpolitiker.

Von Robert Roßmann, Berlin

In der Spitze der Unionsfraktion hat eine Debatte darüber begonnen, ob CDU und CSU Defizite in der Außenpolitik haben. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte, es sei "besorgniserregend", dass die Ukraine-Krise notwendig gewesen sei, damit wieder stärker über die Außenpolitik geredet werde.

Das Thema spiele bei den Diskussionen ihrer Kollegen in den Wahlkreisen eine größere Rolle als früher, dem müsse man jetzt Rechnung tragen. Dabei gehe es um die Beschäftigung mit Grundsatzfragen wie: "Was ist uns unsere Freiheit wert?" Ähnlich äußerten sich andere Mitglieder der Fraktionsspitze.

Unionsfraktionschef Volker Kauder hatte bereits Anfang des Jahres außenpolitische Debatten eingefordert - unter anderem mahnte er neue Strategien für den Umgang mit Asien, Afrika und Lateinamerika an. Die Ukraine-Krise, die jetzt ungeklärte Positionen der CDU zu Russland offenbart hat, war damals noch nicht ausgebrochen.

Feindschaft zwischen Mißfelder und Schockenhoff

Die Unionsfraktion gibt in der Außenpolitik derzeit kein gutes Bild ab. Ihr außenpolitischer Sprecher, Philipp Mißfelder, steht unter anderem wegen seines Ausflugs nach St. Petersburg in der Kritik. Der für Außenpolitik zuständige Fraktionsvize Andreas Schockenhoff bemüht sich zwar redlich. Er hat aber nur zwei Referenten, damit lässt sich kaum etwas bewegen. Außerdem kann er in der Fraktion nicht auf starke Bataillone zählen, vielen geht seine harte Kritik an Russland zu weit.

Mit Mißfelder pflegt Schockenhoff seit Jahren eine Feindschaft - was die Schlagkraft der Außenpolitiker nicht gerade erhöht. Bleibt noch Norbert Röttgen. Der resozialisiert sich gerade als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. Röttgen ist aber erst seit Januar im Amt - zu kurz, um schon die Relevanz seines weithin anerkannten Vorgängers Ruprecht Polenz haben zu können.

Außer diesen offiziellen Außenpolitikern gibt es in der Fraktion Peter Gauweiler. Seit Horst Seehofer ihn mit Blick auf die Europawahl zum CSU-Vize gemacht hat, äußert sich Gauweiler noch stärker als früher zu außenpolitischen Fragen. Mit seiner Kritik an den deutschen Geiseln in der Ost-Ukraine hat er sich aber gerade erneut ins Abseits manövriert. In der Sitzung der CSU-Landesgruppe am Montagabend war er isoliert.

Am Dienstag sagte Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt ungewöhnlich hämisch, Gauweiler habe in der Sitzung eine halbe Stunde lang gesprochen. Ihr habe sich aber trotzdem nicht genau erschlossen, was er gemeint habe.

Keine Kommission für Außenpolitik

Die außenpolitisch schwächelnde Fraktion kann auch nicht auf Hilfe durch die Partei hoffen. In der CDU-Spitze gibt es niemanden, der explizit für Außenpolitik verantwortlich ist. Anders als in der Unionsfraktion oder in anderen Parteien sind den stellvertretenden CDU-Chefs keine festen Aufgabenbereiche zugeordnet. Die Partei hat zwar erkannt, dass sie in einigen Gebieten aufpassen muss, programmatisch nicht abgehängt zu werden. Das gilt vor allem für die Themen, für die in der Regierung SPD-Minister zuständig sind.

Auf seiner Klausur Anfang Februar richtete der CDU-Vorstand deshalb drei Kommissionen ein. Unter dem Vorsitz der stellvertretenden Parteichefs Julia Klöckner, Armin Laschet und Thomas Strobl sollen sie sich um die programmatische Weiterentwicklung der CDU in Gebieten wie der Arbeitsmarkt-Politik kümmern. Für die Außenpolitik wurde jedoch keine Kommission eingerichtet, obwohl das entsprechende Ministerium von einem Sozialdemokraten geführt wird.

In der Außenwahrnehmung werden diese Defizite der Unionsfraktion und der Partei bisher von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble verdeckt. Allein darauf will sich die Unionsfraktion jetzt aber offenbar nicht mehr verlassen.

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